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Karlsruher Rauchzeichen

Nichts für schlichte Gemüter


Eines können Land und Leute als gesichert ansehen nach den gestrigen Anhörungen: »Karlsruhe« misst dem von ihm geforderten Rechtsbefund für oder gegen vorgezogene Neuwahlen zum Deutschen Bundestag höchstes richtungsweisendes Gewicht zu. Dennoch aber will der Zweite Senat des Verfassungsgerichts die Öffentlichkeit offenbar nicht über Gebühr auf die Folter spannen, sondern womöglich schon binnen Tagen sein Urteil verkünden.
Es dürfte deutlich präziser ausfallen als im Jahre 1983. Der Gesetzgeber sollte sich daher tunlichst auf konkrete Vorgaben gefasst machen, um die sich die Politik dann fortan nicht mehr herumlavieren könnte. Den Nutzen davon hätten die Demokratie und unser Gemeinwesen im ganzen, also letztlich wir alle.
Schon jetzt ist klar, dass Karlsruhe die Kläger - Werner Schulz von den Grünen und Jelena Hoffmann von der SPD - nicht als querulantisch-aufmüpfige Exoten abtun wird. Das ist außerordentlich zu begrüßen. Denn zu entscheiden ist über nichts Geringeres als darüber, welches in der Rangfolge das führende Verfassungsorgan ist - und sinnvollerweise sein muss: das vom deutschen Volk (auf Zeit) gewählte Parlament oder der Bundeskanzler, der gleichfalls ein Mandat für jeweils vier Jahre hat.
Muss demnach er sich um Mehrheiten für seine Politik bemühen - oder kann er Mehrheiten gleichsam huldvoll vom Parlament erwarten?
Nur schlichte Gemüter tun sich damit leicht. Rolf Dressler

Artikel vom 10.08.2005