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Leitartikel
Die »Discovery« ist zurück



Für die NASA
unterm Strich
ein Erfolg


Von Wolfgang Schäffer
»Die Discovery ist zu Hause.« Mit jedem dieser Worte schien gestern dem NASA-Sprecher ein ganzer Felsbrocken vom Herzen zu fallen. Auch wenn die Experten in Houston in den vergangenen Tagen und Wochen immer Optimismus verbreitet haben - das Bangen in der Bodenzentrale um den glücklicherweise erfolgreichen Ausgang des Shuttle-Fluges war jederzeit spürbar.
Es dürften vor allem die Erinnerungen an den 1. Februar 2003 gewesen sein, die gestern beim Eintritt der Raumfähre in die Erdatmosphäre für bange Momente sorgten. Damals war das Shuttle wegen defekter Hitzekacheln zerborsten und verglüht. Wie vor zweieinhalb Jahren hatte sich auch beim Start der »Discovery« ein größeres Stück Schaumstoff gelöst und war gegen die Außenhaut geprallt.
Es war zweifelsohne der gravierendste Störfall in einer Reihe von Rückschlägen, die die NASA beim ersten Shuttle-Start nach der Columbia-Katastrophe wegstecken musste.
Dass die Mission der sieben Raumfahrer verlängert wurde, hat indessen mehr Vor- als Nachteile gebracht. Die ungeplanten Arbeitseinsätze im All sowie das Flugmanöver vor dem Andocken an die Station im All sorgten bei der NASA für jede Menge neuer Erkenntnisse. Diese dort gesammelten Daten sind für die Zukunft der bemannten Raumfahrt von unschätzbarem Wert. Kaum einer der bisherigen Shuttle-Flüge war unterm Strich aus wissenschaftlicher Sicht so erfolgreich wie dieser. Die Experten wissen nun beispielsweise, dass Reparaturen im All möglich sind.
Unklar indessen ist nach wie vor, weshalb sich das Stück Schaumstoff gelöst hat. War es ein Materialfehler oder Schlamperei beim Anbringen? Beides wäre angesichts der Columbia-Tragödie und des anschließenden hohen finanziellen Einsatzes zur Verbesserung der Fähren unfassbar.
Die Ursache dieses Problems wird nun als erstes zu klären sein. Erst dann kann die NASA darüber nachdenken, die vorerst gestoppten Shuttle-Flüge wieder aufzunehmen. Das sieht selbst Astronaut Thomas Walter so, der bislang immer betont hat, jederzeit wieder ins All fliegen zu wollen. Gestern äußerte er auf die entsprechende Frage einen Vorbehalt. »Ja, wenn die NASA das Schaumstoff-Problem gelöst hat.«
So lange wird sich auch Thomas Reiter gedulden müssen, der als nächster Deutscher mit der »Atlantis« zur Raumstation fliegen sollte. Der geplante Termin im September jedenfalls dürfte kaum einzuhalten sein. Noch solch eine Zitterpartie kann sich die immer wieder heftig kritisierte NASA nicht leisten.
Zu groß sind zudem die Aufgaben für die Zukunft. Schließlich hat US-Präsident Bush bei seinem Amtsantritt seine hochfliegenden Wünsche klar formuliert und den Mars als Ziel eines bemannten Raumschiffs ausgegeben.
Bis dahin allerdings gibt es - trotz aller nicht zu bestreitenden Erfolge in der Raumfahrt - noch viel zu tun.

Artikel vom 10.08.2005