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Start frei für
das Traumhaus
in »Fichte B«

Heidlands tuckern bis nach Holland


Von Michael Diekmann
und Hans-Werner Büscher (Fotos)
Bielefeld (WB). Wenn er von Urlaub spricht, hat Jan-Eric (9) ganz und gar einzigartige Pläne, mit denen er seine Kumpels im Stadtteil Altenhagen locker aussticht. Denn Jan-Eric fährt weder Baden noch Zelten, weder Wandern noch Radeln: »Wir tuckern mit der Trisselbude nach Holland«, meldet Junior, seine Augen blitzen. Am Samstag um 6.30 Uhr starten zwei ungewöhnliche Gespanne in Bielefeld zum großen Abenteuer: Jan-Eric und Vater Hans-Dieter Heidland mit Trecker und hölzernem Wohnwagen. In lockerer Folge stellt das WESTFALEN-BLATT Bielefelds Treckerfreunde vor. Dieses Duo aber ist einzigartig.
Was Heinz Rühmann und der kleine Oliver Grimm einst in den Fünfzigern als Artist und Filius in »Wenn der Vater mit dem Sohne« auf der Leinwand spielten, schaffen die Heidlands locker im wahren Leben und in den großen Schulferien.
Was der Altenhagener da hinter seinem knallroten Oldtimer-Trecker Marke Farmall von 1955 über idyllische Landstraßen zieht, lässt Autofahrern zumeist den Atem stocken. Der Wohnanhänger, eine komplette Eigenkonstruktion inklusive TÜV-Abnahme, ist ein mobiles Blockhaus auf einer Achse, ein echtes Traumdomizil in »Fichte B« (B wie Baumarkt) - inklusive Satteldach sowie zwei Klappfenstern und stilechter Haustür. Einzig der Schornstein fehlt, finden die Nachbarn, für die es regelmäßig eine Gaudi ist, wenn der Altenhagener Familienvater mit dem Unikat auf Reisen geht. Ach ja, der Name Trisselbude stammt von Michel aus Lönneberga aus Astrid Lindgrens Feder.
Am Samstag startet Hans-Dieter Heidland nach Holland. »Acht Stunden Fahrzeit, also acht Stunden Arbeitszeit«, hat er augenzwinkernd ausgerechnet. Mit 22 Stundenkilometern unter freiem Himmel geht es Richtung Westen, über Nordhorn nach Tilligte zum internationalen Treckertreffen - einer Einladungsveranstaltung. Dabeisein ist bereits eine Auszeichnung, aber Heidlands Auftritt ist einzigartig: »So ein Gespann hat keiner zu bieten.«
Für Junior Jan-Eric ist die Fahrt nach Holland eine Premiere. Bislang war stets sein älterer Bruder Henrik (15) mitgefahren als Sozius auf dem Radkasten des Treckers - bei Wind und Wetter und manchmal strammem Gegenwind. Henrik fährt jetzt mit Mutter Susanne nach Fehmarn - Alternativurlaub sozusagen für die treckerbegeisterte Familie. Nach einer Woche haben beide Seiten reichlich Gesprächsstoff.
Der knallrote Trecker ist bei den Heidlands reine Familiensache. Ehediskussionen kann es bei dem Paar nicht geben wegen des 20 PS starken Oldtimers. Damals vor 17 Jahren hatte ihn Susanne Heidland mit in die Ehe gebracht, er hatte in Vaters Scheune viele Jahre nutzlos herumgestanden. Gatte Hans-Dieter möbelte den Oldtimer, der eigentlich verschrottet werden sollte, kräftig auf, fährt heute damit zum Museumsmähen auf die Dorffeste rund um Bielefeld und vermittelt den Stadtkindern einen Hauch von Nostalgie.
Die Idee zum einzigartigen Anhänger hatte der pfiffige Hobbykonstrukteur 1998 und griff zum damals neuen Anhängerfahrgestell. Das »Fundament« war schnell gelegt, der Innenausbau schleppte etwas. Im nächsten Jahr folgte die Inbetriebnahme. Das einzige Blockhaus mit Mobilitätsgarantie kann alles, ist doppelt isoliert, elektrifiziert und sorgt dank zweiflammigem Gaskocher aus der Zeltära auch für warme Mahlzeiten. Bratkartoffeln und Spiegeleier kann Papa besonders gut, findet Jan-Eric.
Geschlafen wird übrigens auf einer höchst variablen Klapp-Doppel-Sitz-Schlafkombination in Fichte B. Die Wände ziert Nippes vom Treckertrödel. Sechsmal getränkt und lasiert trotzt das hölzerne Feriendomizil jedem Wetter, sogar holländischem . . .

Artikel vom 06.08.2005