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Menschen in
unserer Stadt
Ljuba Miller
Studentin

»Mathematik kann ich nicht«, sagt Ljuba Miller, aber der Umgang mit Zahlen ist auch das einzige, was ihr Schwierigkeiten bereitet. Ein Linguistik- und Deutschstudium hat die 26-Jährige aus Nowgorod daheim abgeschlossen, an der Uni Bielefeld wird sie im nächsten Jahr ihr Examen in Germanistik und Deutsch als Fremdsprache machen, und im Presseamt der Stadt Bielefeld absolviert Ljuba Miller derzeit ein Praktikum, in dem sie unter anderem Beiträge für die Mitarbeiterzeitung verfasst.
Sich in die deutsche Kultur einzugewöhnen, ist der weltoffenen Frau leichtgefallen. »Ich habe zuerst ein Jahr lang in Jöllenbeck als Au-pair-Mädchen Erfahrungen gesammelt.« Dann ging sie auf eine Fete, traf dort den netten Alexander aus Ummeln - und mit dem ist sie jetzt verheiratet. »Ich will irgendwas mit Medien machen, vielleicht auch als Lektorin in einem Verlag arbeiten - und wenn's klappt, würde mich mein Mann auch in eine fremde Stadt begleiten.«
In eine deutsche Stadt, denn dass Ljuba Miller im Lande bleibt, ist wohl sicher. »Ich weiß: Der Arbeitsmarkt sieht trübe aus. Aber ich bin guten Mutes.«
Was ist besser in der alten Heimat? »Das Wetter - aber nur im Sommer. Im Winter ist es dort nur schön, wenn richtig Schnee liegt.« Und was gefällt Ljuba Miller hierzulande? »Die deutsche Mentalität: Alles geht nach Plan, die Organisation klappt, die Menschen sind pünktlich, die Lebensverhältnisse sind wunderbar stabil.« Und die Küche ist toll. Gerade weil sie nicht bloß deutsch, sondern multikulti ist, lobt Ljuba Miller, schiebt in Gedanken den Teller russische Soljanka zur Seite und träumt von Döner und Pizza.
Wachen Sinnes beobachtet die junge Frau die große Politik. »Russland kann nur von einem mächtigen Einzelnen regiert werden. Allerdings: Putin dämmt wohl die Kriminalität ein, aber die wirtschaftlichen Probleme löst er leider nicht. Was Deutschland angeht, wundere ich mich, dass die Arbeitslosen hier keine Eigeninitiative entwickeln - bei uns ginge das nicht, denn der Staat bezahlt ihnen sowieso nix.«
Da spricht eine, die pfiffig ihre Möglichkeiten auslotet. Ljuba Miller macht's vor: Integration statt Parallelweltbildung. Dann funktioniert auch Multikulti. Matthias Meyer zur Heyde

Artikel vom 08.08.2005