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Für die Tonne zu schade

Trödelmarkt an der Universität ist ein echter Besuchermagnet

Von Andrea Pistorius
(Text und Fotos)
Paderborn (WV). Schatzfinder und Schnäppchenjäger haben einen gemeinsamen Lieblingsplatz: den Flohmarkt. Hier lässt sich ein Kind komplett für zehn Euro einkleiden und mit Glück die fehlende Tasse zu Uromas Kaffeegeschirr entdecken. Einer der schönsten Trödelmärkte im Kreis Paderborn ist der an der Universität.

»Ich komme fast jedes Wochenende hierher, ich sammle nämlich Antiquitäten«, erzählt Janine Haberkamm während sie in einem Karton mit allerlei Dekorativem aus Holz kramt. »Meine ganze Wohnung sieht danach aus: Bilder mit Stuckrahmen, alte Kerzenständer, Kronleuchter und bestickte Bettwäsche - da schläft sich's richtig gut drin«. Manchmal erwischt die Studentin einen leinenen Kopfkissenbezug mit Monogramm für 2.50 Euro. »Die Leute wissen oft nicht, was für Schätze sie verkaufen«, staunt sie.
So genau will Edeltraud Kitzmann das gar nicht wissen. »Manchmal verschenke ich Sachen, wenn ich sehe, dass die Leute arm sind. Oder wenn jemand richtig viel kauft, dann gibt's was dazu«. Die Elsenerin hat schlichtweg Freude am Verkauf von ausrangierten Dingen: »Ich kann das alles hier doch nicht einfach in die Tonne kloppen!«. Freunde und Verwandte stellen ihr deshalb gern kistenweise Kram und Krempel vor die Tür.
Für Elvira Warnecke ist das ein Glück, denn sie findet im Porzellansammelsurium vier »China Blau«-Tassen und bekommt sie für vier Euro. Zwei Kannen und zehn Teller dazu hätten nur zwanzig Euro mehr gekostet, doch die braucht die Kundin von Edeltraud Kinzmann nicht, weil sie die schon auf anderen Flohmärkten entdeckt hat.
Das Wetter ist an diesem Samstag durchwachsen, »geradezu ideal«, freut sich Adelheid Ahle, die schon um 7.15 Uhr auf dem Uni-Parkplatz ihren Tapeziertisch ausgeklappt hat. »An Tagen wie heute verkaufe ich viel«, weiß sie aus langer Erfahrung, »scheint die Sonne, kommen zu viele Anbieter und der Umsatz verteilt sich«. Die Paderbornerin hat wie die meisten Händler auch Küchenutensilien, Gläser und Geschirr auf dem Tisch arrangiert und daneben Bücherkisten und Kleiderkörbe aufgestellt.
Die nur leicht fleckige Lektüre aus dem Buchclub kostet bei ihr 50 Cent pro Exemplar. Ein Kochtopf als Grundausstattung für die erste eigene Bude ist für zwei Euro zu haben - da greift die 20-jährige Eva Röhren sofort zu.
Richtig teure Antiquitäten werden Flohmarktbummler vergeblich suchen, doch die erwartet hier auch keiner; ein original Meißner Porzellan-Teller oder eine Zuckerzange aus Sterlingsilber genügen völlig, kunstsinnige Sammler zu beglücken. Auch für fliegende Händler ist das Uni-Gelände das falsche Revier. Wer hier seinen Stand aufbaut, der hat zu Hause Keller, Kinderzimmer oder Kleiderschrank entrümpelt und kann einfach nichts wegschmeißen. So findet die sechsjährige Annika Deutsch aus Marsberg ein großes Barbie-Haus für fünf Euro; Werner Sindermann aus Willebadessen trennt sich von einer Venedig-Ansicht in Öl, die er mal auf einem anderen Trödelplatz entdeckt hat; und Karin Sehnert aus Bad Driburg deckt sich mit Kräuterpflanzen ein, die ein Hobbygärtner aus Hövelhof eingetopft hat.
Den besonderen Charme des Flohmarkts an der Universität weiß auch der Veranstalter, Michael Scholz, zu schätzen. Er leitet die Paderborner Niederlassung der marktcom GmbH, die in der gesamten Region aktiv ist. »Bei schönem Wetter können wir zwei bis drei der Uni-Parkplätze belegen«, erzählt er. »Dann kommen die Hausfrauen - Gewerbetreibende sind nicht zugelassen -, und man trifft sich zum Stöbern oder einfach nur zum Plaudern«.

Artikel vom 16.08.2005