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Echte Gangster in
Hollywood-Filmen

Schauspielagenturen gegen unliebsame Konkurrenz

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Aus dem Gefängnis nach Hollywood: Damit ihre Filme möglichst authentisch rüberkommen, setzen Regisseure in Amerika auf echte Gangster. Schauspielagenturen in Deutschland können darüber nur den Kopf schütteln.

Beliefert werden die US-Filmemacher von der Agentur »Suspect Entertainment«. 130 ehemalige Verbrecher hat die Firma von Manuel Jimenez in der Kartei. »Lasst euch niemals über euer Vorstrafenregister ausfragen«, rät ihnen der Chef, wenn er sie für Filme, Musikvideos oder Werbespots vermittelt. Die Muskelpakete mit Schlägervisage sind in den USA beliebt, nicht als Hauptdarsteller, sondern als Randfiguren. Zum Einsatz kamen die ehemaligen Knackis beispielsweise in dem Straßenrennen-Spektakel »The Fast and the Furious« und in den Action-Filmen »S.W.A.T.« und »Training Day«.
Als »Quatsch« stuft Marie-Luise Schmidt von der Berliner Schauspielagentur »die agenten« die Argumentation ein, mit Verbrechern werde ein Film authentischer. »Ausgebildete Schauspieler können in jede Rolle schlüpfen, auch in die von Ganoven«, sagte Schmidt gestern dieser Zeitung. Deshalb sei die Suche nach Darstellern hinter Gittern schlicht überflüssig. Außerdem handele es sich beim Schauspielberuf um eine Profession: »Das kann nicht Hinz und Kunz.« Seiteneinsteiger, egal ob ehemalige Knastbrüder oder so genannte Promis, nähmen den ausgebildeten Schauspielern Engagements weg.
Etwa 20 000 Schauspieler gibt es in Deutschland, die Zahl der hauptberuflichen liegt unter 10 000. Jüngst tauchten Zweifel daran auf, ob die moralisch anrüchige Praxis auf die USA beschränkt ist. Bei den Dreharbeiten für »Knallhart«, den neuen Film von Detlev Buck, sei ein Drogenhändler mit dabei gewesen, meldete der Berliner »Tagesspiegel« und berief sich auf die Beobachtungen eines Polizisten. Darauf angesprochen, betonte Bucks Agentur »Media Office« gestern gegenüber dem WESTFALEN-BLATT: »Selbst wenn es so gewesen sein sollte, wusste Detlev Buck auf keinen Fall, dass ein echter Drogendealer mitgespielt hat. Er würde so etwas auch nicht befürworten.«
In Deutschland würden keine Verbrecher am Set eingesetzt, ist Volker Störzel von der gleichnamigen Schauspieler-Agentur in Bochum überzeugt. Ex-Kriminelle seien für Dokumentationen interessant, nicht als Randfiguren in Spielfilmen. Dass man Rauhbeine spielen kann, ohne selbst auf die schiefe Bahn geraten zu müssen, bewies Mario Adorf. Ihm widmet das Filmmuseum Düsseldorf vom 16. Oktober an eine Schau. Der Titel: »Schauen Sie mal böse«.

Artikel vom 04.08.2005