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Finanzinvestoren schlagen zu

Warenhaus-Verkäufe spülen Karstadt eine Milliarde Euro in die Kasse

Essen (dpa/WB/ef). Der angeschlagene Handelskonzern Karstadt-Quelle hat sich mit raschem Verkauf seiner 74 kleinen Warenhäuser und der restlichen Fachgeschäfte SinnLeffers und Runners Point an verschiedene Finanzinvestoren Luft im Überlebenskampf verschafft.
Ebenfalls verkauft: Modehäuser SinnLeffers und Runners Point.
Erwerber der 74 Warenhäuser ist ein britisches Konsortium aus Dawnay, Day Principal Investments und Hilco. Die SinnLeffers-Modehäuser gehen an eine Investorengruppe aus Deutsche Industrie-Holding, HMD Partners sowie dem Immobilieninvestor Curzon Global Partners/Ixis AEW Europe. Runners Point wird an die Beteiligungsgesellschaft Hannover Finanz verkauft.
Bei den 74 von KarstadtQuelle verkauften Filialen werde es »zu keinen dramatischen Veränderungen kommen«, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende von Dawnay, Day Co. Ltd., Guy Naggar, der »Sächsischen Zeitung«. Die Handelskette solle für die nächsten fünf bis zehn Jahre intakt bleiben. Naggar sieht in der Investition eine große Chance: Deutschland sei nach wie vor eine starke Wirtschaft und werde sich im Laufe der kommenden fünf bis sechs Jahre deutlich erholen. Deshalb habe Dawnay in den vergangenen zwei Jahren bereits Immobilien in 41 vorwiegend westdeutschen Städten gekauft.
Allein mit dem Verkauf der Warenhäuser wurden knapp 500 Millionen Euro erlöst. Damit sei der erste Teil des Verkaufsprogramms vor der selbst gesetzen Frist abgeschlossen worden, sagte Vorstandschef Thomas Middelhoff gestern. Wie geplant, flössen dank der erfolgten Verkäufe von Randaktivitäten insgesamt 1,1 Milliarden Euro in die Kasse. Jetzt könne sich der Essener Handelskonzern wieder voll auf sein eigentliches Kerngeschäft konzentrieren.
Karstadt-Quelle kämpfte in den ersten sechs Monaten 2005 weiter mit Umsatzrückgängen und wies tiefrote Zahlen aus. Die Erlöse des Essener Konzerns (ohne die ausgegliederten Feinkostabteilungen) schrumpfte bei Verkäufen und internem Umbau um fast 8 Prozent auf gut 5,8 Milliarden Euro. Für die Waren- und Sporthäuser von Karstadt wird ein Umsatzminus von insgesamt 6,6 Prozent auf 2,26 Milliarden Euro ausgewiesen. Im Versandhandel um Quelle und Neckermann sank der Umsatz noch stärker um 8 Prozent auf 3,46 Milliarden Euro. Auch bei Dienstleistungen und Immobilien sank der Umsatz im ersten Halbjahr.
Eine durchgreifende Sanierung des im vorigen Herbst von der Pleite bedrohten Handelskonzerns ist damit noch nicht geschafft: Unter dem Strich schlug im ersten Halbjahr 2005 ein Konzernverlust von 265 Millionen Euro zu Buche. Damit wurde der Verlust gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres nur um 11 Prozent verringert. Trotz der Kapitalerhöhung vom Herbst weist der Konzern daher zum 30. Juni 2005 nur 320 Millionen Euro Eigenkapital aus. Das entspricht einer Eigenkapitalquote von 3,3 Prozent.
Middelhoff betonte, Karstadt habe im operativen Geschäft bis auf eine Ausnahme deutliche Fortschritte gemacht. Nach einem guten Start in den Juli liege das Kerngeschäft der 89 großen Warenhäuser inzwischen erstmals seit Jahren wieder über Plan.
Mit den Verkäufen von Randaktivitäten und dem vereinbarten Stellenabbau sinkt die Mitarbeiterzahl von Karstadt-Quelle drastisch. Allein durch den Verkauf der kleinen Warenhäuser sowie der Veräußerung der Fachhandelsketten SinnLeffers (Textil) und Runners Point (Sportartikel) verlassen weitere 11000 Mitarbeiter den Essener Konzern.

Artikel vom 04.08.2005