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Das Wunder von Toronto

309 Insassen überlebten Bruchlandung mit Feuer eines Airbus A 340-300

Toronto (dpa). Wie durch ein Wunder haben alle 309 Insassen eines Airbus der Fluggesellschaft Air France eine schwere Bruchlandung der Maschine in Kanada überlebt.
Geschockt, aber ansonsten so gut wie unverletzt: Airbus-Passagiere nach der Rettung.

43 Menschen, unter ihnen ein erst wenige Wochen altes Baby, wurden leicht verletzt in Krankenhäuser gebracht. Kurz nachdem sich Passagiere und Besatzung in einer dramatischen Evakuierung in Sicherheit gebracht hatten, explodierte die Maschine am Rande des Flughafens der Millionenstadt Toronto. Sie war am Nachmittag von Paris aus gestartet. Es war der erste größere Unfall einer Maschine des Airbus vom Typ A 340-300.
Die Maschine war bei Sturmböen in einem Gewitter mehr als 200 Meter über das Ende der regennassen Landebahn hinausgeschossen und in einer Senke zerbrochen. Das Großraumflugzeug brannte trotz des Einsatzes mehrerer Löschzüge der Flughafenfeuerwehr aus. Experten sprachen angesichts der Tatsache, dass niemand ums Leben kam, von einem der größten Wunder der Luftfahrtgeschichte.
Gerade, als einige Passagiere zum Applaus für den gelungenen Flug ansetzten, erloschen die Lichter. »Dann kam ein Stoß nach dem anderen«, erinnert sich Joann Cordary-Bundock. »Ich wurde in meinem Gurt hin und her geschüttelt. Überall flog Gepäck herum. Wir waren alle in Panik. Überall war Kerosin und Rauch. Wir sind nach der Bruchlandung wie verrückt davongerannt, weil wir solche Angst hatten, dass das Flugzeug explodiert«.
Nach Angaben von Air France konnten die 297 Passagiere und zwölf Besatzungsmitglieder den Airbus verlassen, bevor die Maschine Feuer fing. Allerdings funktionierte eine der Notrutschen nicht, so dass die Passagiere in die Tiefe springen mussten. »Dicke Rauchwolken drangen in die Kabine ein«, berichtete der 32-jährige Johnny Abedrabbo. Während Feuerwehrleute gegen die Flammen ankämpften, flohen viele der Geretteten auf eine nahe gelegene Autobahn und hielten in ihrer Not Fahrzeuge an.
Zum Zeitpunkt der Bruchlandung tobten im Luftraum über Toronto schwere Gewitter, und die Landebahn sei sehr rutschig gewesen, hieß es. Die Landung sei normal gewesen, erklärte Air-France-Direktor Pierre-Henri Gourgeon in Paris. Allerdings habe es auf der Landepiste sehr viel Regenwasser und starke Böen gegeben. »Die Wetterbedingungen waren sehr schlecht«, sagte er.
Beim Abflug von Paris hatte der am Flughafen in Toronto verunglückte Air-France-Airbus keine technischen Probleme. Die Maschine sei am 5. Juli zuletzt kontrolliert worden, sagte Air- France-Chef Jean-Cyril Spinetta. Seinen Angaben zufolge war der Flughafen von Toronto, der wegen schwerer Gewitter geschlossen worden war, kurz vor Landung der Air-France-Maschine von der kanadischen Flughafenbehörde wieder geöffnet worden.
Großes Können und enorme Beherztheit attestierten viele Experten der Besatzung. »Ich kann vor dieser Crew nur den Hut ziehen«, sagt Jennie Ziesenhenne. Sie war einst bei der US-Fluggesellschaft Delta verantwortlich für die Notfall-Schulung der Besatzungen. »Bei allen großen Airlines wird die Evakuierung über die Notausgänge wieder und wieder trainiert, aber der Ernstfall ist doch etwas anderes. Die Air-France-Besatzung hat Großartiges geleistet«, zeigte sich die Expertin beeindruckt.
»Unwahrscheinlich schnell« habe die Crew reagiert, berichtete der Fluggast Olivier Dubois. »Sobald die Maschine zum Halten gekommen war, haben sie alle Ausgänge aufgemacht. Wir sahen nicht viel, aber sie befahlen uns zu springen und zu rennen.«

Artikel vom 04.08.2005