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Angebot zur Unterstützung

Linkspartei will mit Rot-Grün von Fall zu Fall zusammenarbeiten

Berlin (Reuters). Die Linkspartei hat eine Koalition mit SPD und Grünen nach der Bundestagswahl erneut ausgeschlossen, hält eine Unterstützung in Einzelfragen aber für möglich.

Auf mittlere Sicht hielten sich die Spitzenkandidaten Gregor Gysi und Oskar Lafontaine am Freitag die Option einer Koalition offen. Eine Zustimmung zu einzelnen Vorhaben im Parlament werde die Partei im Falle eines Einzugs in den Bundestag von den Inhalten abhängig machen, nicht von Partei-Namen, sagte Spitzenkandidat Oskar Lafontaine in Berlin.
Co-Spitzenkandidat Gregor Gysi sagte, eine Koalition oder eine Tolerierung auf der Basis fester Vereinbarungen werde es nicht geben. Fallweise sei aber Unterstützung denkbar. Als Beispiel nannte er eine auch in der SPD diskutierte Reichensteuer. Das Linksbündnis rangiert in Umfragen seit Wochen bei neun bis zwölf Prozent als drittstärkste politische Kraft.
Gregor Gysi erklärte, eine Zusammenarbeit mit SPD und Grünen sei für die kommende Legislaturperiode ausgeschlossen. Die von beiden Parteien vertretene neoliberale Politik sei unvereinbar mit der Programmatik der Linkspartei. »Aber wir geben die Hoffnung nicht auf, dass die Sozialdemokratie zu ihren Werten und Traditionen zurückfindet. Das geht nicht über Nacht. Aber 2009 kann das ganz anders aussehen«, sagte Gysi.
Auch Lafontaine bekräftigte, die Linkspartei sei grundsätzlich bereit, sich an einer Regierung zu beteiligen. Voraussetzungen seien aber die Rücknahme der Arbeitsmarktreform Hartz IV, ein Kurswechsel in der Außenpolitik und eine Änderung der Wirtschaftspolitik hin zu einer Förderung der Nachfrageorientierung.
Lafontaine verteidigte das Wahlprogramm der Linkspartei gegen Kritik, illusionäre Versprechungen zu machen. Wenn in Deutschland eine Besteuerung von Unternehmen und Spitzenverdienern verwirklicht würde, wie sie in anderen europäischen Ländern üblich sei, könnten die Forderungen der Linkspartei wie die nach einer Mindestsicherung umgesetzt werden. Allein wenn Deutschland seine reichen Bürger so besteuerte wie die USA, hätte das Land im Jahr 50 Milliarden Euro mehr, sagte Lafontaine. Der »Kernunterschied« zu allen anderen Parteien bestehe darin, dass das Linksbündnis die Reichen und die großen Unternehmen wieder entsprechend ihrer Leistungskraft besteuern wolle.
Mit einem demonstrativen Nein zu Kriseneinsätzen der Bundeswehr im Ausland will sich das Linksbündnis auch als Friedenspartei profilieren. Gysi lehnte die Verlängerung des Bundeswehr-Mandats für Afghanistan ab.
Die Akteure des Linksbündnisses seien dem »fatalen Irrtum« erlegen, dass wirtschaftliche und soziale Probleme in Deutschland »nur national und ohne internationale Einbindung« gelöst werden können, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zu Ankündigungen Lafontaines und Gysis. Das Wahlprogramm der Linkspartei enthält nach den Worten von SPD-Chef Franz Müntefering eine Finanzierungslücke von mehr als 80 Milliarden Euro. »Die wollen acht Steuern erhöhen, das bringt 70 Milliarden. Sie wollen allerdings 155 Milliarden ausgeben«, sagte Müntefering mit Verweis auf SPD-Berechnungen. »Den kleinen Rest von 80 Milliarden haben sie nicht erklärt.«
Die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dagmar Wöhrl, betonte, mit diesem Programm werde keine Antwort auf die Probleme in Deutschland gegeben - Wachstum, Arbeit und Sicherung der Sozialsysteme.

Artikel vom 06.08.2005