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Carolina Klüft kürt sich zur Königin

Siebenkampf: WM-Debütantin LilliSchwarzkopf (LC Paderborn) wird 13.

Helsinki (dpa). Die Schwedin Carolina Klüft hat ihre Regentschaft auf dem Siebenkampf-Thron verlängert.

In einer der knappsten Entscheidungen der Weltmeisterschafts-Geschichte machte sie gestern in Helsinki ihren Triumph im abschließenden 800-m-Lauf perfekt und siegte mit 6887 Punkten vor der Französin Eunice Barber (6824) und Margaret Simpson (Ghana/6375). »Es war der schwerste Wettkampf meines Lebens. Ich habe schwer gekämpft«, resümierte die angeschlagen angetretene Skandinavierin erleichtert. Beste deutsche Mehrkämpferin war Sonja Kesselschläger (Neubrandenburg) als Zehnte mit 6113 Punkten.
Nur mit der Winzigkeit von 1,2 Sekunden Vorsprung war Olympiasiegerin Klüft in den 800-m-Lauf gegangen. Und was den Reiz noch verstärkte: Die persönlichen Bestzeiten der beiden lagen gerade 9/100 Sekunden auseinander. Doch einmal mehr bewies die blonde Skandinavierin Courage und Kampfgeist: Auf den letzen 200 Meter über die zwei Stadionrunden zog sie mit 2:08,86 Minuten auf und davon. Rivalin Barber brauchte über drei Sekunden mehr.
Dabei hatte die französische Weltmeisterin von 1999 nach vier Disziplinen noch in Führung gelegen, Klüft aber nicht aufgegeben (»Ich fühle, dass ich sie noch fangen kann«), obwohl sie eine Fersenverletzung handicapte. Im Weitsprung machte Carolina Klüft dann entscheidenden Boden gut und sprang mit 6,87 Meter zwölf Zentimeter weiter als Barber. Die 30-Jährige konnte danach den Punkteabstand im Speerwurf noch einmal verkürzen: Mit 48,24 Meter warf sie fast einen Meter weiter als die neun Jahre jüngere Klüft (47,20).
Die 27-jährige Olympia-Sechste Sonja Kesselschläger hat ihr Ziel, erstmals 6300 Punkte zu überbieten, deutlich verfehlt. »Eine Bestleistung war heute nicht drin«, sagte sie matt. Einen respektablen 13. Platz mit 5993 Punkte erreichte bei ihrer WM-Premiere Lilly Schwarzkopf, die vor drei Wochen bei der U23-Europameisterschaften in Erfurt Zweite geworden war. »Das steckte mir noch etwas in den Knochen. Die drei Wochen seit der U23-EM waren zu kurz«, bekannte die 21-jährige Studentin vom LC Paderborn. »Lilly wird noch lange davon träumen, sie hat viel gelernt«, sagte Bundestrainer Klaus Baarck.
Pech hatte Karin Ertl (Fürth/München), die schon am ersten Tag Schmerzen im Rücken hatte und nach dem Weitsprung aufgab. »Es hätte nichts gebracht, wenn ich bis zum Ende weitergemacht hätte«, sagte die Olympia-Siebte von 2000.
Absoluter Höhepunkt des ersten WM-Wochenendes war gestern traditionsgemäß das 100-m-Finale der Männer mit dem Sieg des hohen Favoriten Justin Gatlin (USA). In Abwesenheit des verletzten Weltrekordlers Asafa Powell (Jamaika) rannte der Olympiasieger von Athen in 9,88 Sekunden den in 10,05 Sekunden zeitgleichen Michael Frater aus Jamaika und Titelverteidiger Kim Collins (St. Kitts und Nevis) auf und davon.
Vier von fünf Entscheidungen am heutigen, dritten Tag der 10. Leichtathletik-Weltmeisterschaften, gehen ohne deutsche Beteiligung über die Bühne: Hochsprung, 100 Meter und 3000 Meter Hindernis der Frauen sowie 10 000 Meter der Männer. Im Finale der Hammerwerfer stehen hingegen Markus Esser (Leverkusen) und Holger Klose (Saarbrücken).
Überschattet wurde der WM-Start von einer Doping-Affäre. Die finnische Kriminalpolizei hat am 18. Juli größere Mengen von Doping-Mitteln im Haus des ehemaligen Diskus-Verbandstrainers Kari Mattila gefunden. Der ist Trainer des Diskuswerfers Timo Tompuri, der am ersten Tag der Helsinki-WM als 13. und letzter der Qualifikationsgruppe B mit 59,11 Metern ausschied.

Artikel vom 08.08.2005