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Brüssel rügt Visa-Praxis

EU-Kommission wünscht Änderungen am Erlass der Bundesregierung

Brüssel/Berlin (dpa). Die EU-Kommission wünscht Änderungen am Visa-Erlass der Bundesregierung, sieht in den aktuellen deutschen Vorschriften aber keinen Verstoß mehr gegen das EU-Recht. Unions-Politiker sprachen von einer »schweren Rüge« aus Brüssel.

Die Brüsseler Behörde hat gestern nach monatelanger Prüfung den Bericht zur deutschen Visa-Vergabe veröffentlicht. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte sich bereit, mit der Kommission und den EU-Partnern über die gewünschten Klarstellungen zu sprechen.
Die Kommission kommt in ihrem Prüfbericht zu dem Schluss, dass der so genannte Volmer-Erlass aus dem Jahr 2000 gegen die Gemeinsamen Konsularischen Instruktionen (GKI) der EU verstieß. Mit den Änderungen im Jahr 2004 seien dann »die durch die vorangegangenen Erlasse verursachten Verstöße gegen die GKI beseitigt worden«.
»Es wäre jedoch nützlich, einige redaktionelle Klarstellungen zu dem einen oder anderen Punkt des Erlasses vom 26. Oktober 2004 anzubringen«, schrieb EU-Justizkommissar Franco Frattini. Die gelte unter anderem für die Konsequenzen aus unvollständigen oder falschen Angaben oder Dokumenten eines Antragstellers.
Anders als die Kommission hält das Außenministerium in Berlin auch den Volmer-Erlass für rechtskonform. Alle Erlasse wiesen darauf hin, dass die Schengen-Regeln Vorrang vor nationalen Regeln hätten. Der Europa-Abgeordnete Joachim Wuermeling sieht auch bei dem neuen Erlass »gravierende Abweichungen« von der europäischen Rechtslage.
Union und FDP in Berlin sahen ihre Kritik an der Visa-Politik bestätigt. Der Unions-Obmann im Visa-Untersuchungsausschuss, Eckart von Klaeden (CDU), sprach wie Unions-Innenpolitiker Hartmut Koschyk (CSU) von einer »schweren Rüge« aus Brüssel: »Der laxe Umgang durch die rot-grüne Bundesregierung mit den Visa-Regelungen schwächt die gezielte Bekämpfung illegaler Einwanderung nach Europa.« Der FDP-Obmann im Ausschuss, Hellmut Königshaus, warf der Bundesregierung Versagen in der Visa-Politik vor.
Nach Ansicht der Grünen verletzte der Volmer-Erlass keine EU-Regeln. »Eine Einschätzung, die auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages teilt«, sagte der Grünen-Obmann im Visa- Untersuchungsausschuss, Jerzy Montag. Die Kommission rügte indes, die im Volmer-Erlass vorgesehenen Kontrollen »entsprechen nicht den hohen Anforderungen« der GKI zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. So würden Reiseziel und Finanzen nicht genug geprüft.
Die Kommission sprach von einer »zwingenden Notwendigkeit«, die Lehren aus der Angelegenheit zu ziehen. Die EU-Anweisungen ließen »im Prinzip keinen Spielraum mehr für nationale Bestimmungen«. Die EU-Vorschriften sollten so präzise sein, dass »nationale Erläuterungen überflüssig« werden. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 05.08.2005