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Preiskampf um
Telefonkunden

Deutsche Telekom unter Druck

Von Martin Murphy
Bonn (dpa). Die Festnetzsparte der Deutschen Telekom gerät immer stärker unter Druck: Neben den alternativen Telefonanbietern wollen dem Branchenprimus nun Mobilfunkkonzerne und Internetanbieter Kunden abjagen. Mit neuen Angeboten will das Bonner Unternehmen gegensteuern.

Profitieren von der Entwicklung werden die Verbraucher, die sich auf fallende Preis einstellen können. Der deutsche Festmarkt gewinnt damit erneut an Dynamik, nachdem die Liberalisierung Ende der neunziger Jahre zum Teil zu Preisrückgängen von mehr als 90 Prozent geführt hatte.
Nachdem die Telekom-Tochter T-Mobile in der vergangenen Woche einen Pauschaltarif für Telefonate in das Festnetz gestartet hatte, zog die Internettochter T-Online gestern nach. »Das Unternehmen wird von heute an Voice-over-IP (VoIP) zusammen mit neuen DSL-Tarifen in voller Funktionalität vermarkten«, sagte Unternehmenssprecher Michael Schlechtriem. Die DSL-Kunden erhalten kostenlos bis zu 400 Minuten im Monat ins deutsche Festnetz. T-Online startet damit den lang erwarteten Ausbau dieses Geschäftsfeldes. Experten hatten bemängelt, dass die Telekom den Trend vom klassischen Festnetz zur Internet-Telefonie (VoIP) verschlafen könnte.
Die Wettbewerber kommen zum Teil schon auf sechsstellige Kundenzahlen, während der Kundenzuspruch bei T-Online noch gering ist. United Internet hat nach eigenen Angaben über 200000 Telefonkunden unter Vertrag. Darin eingerechnet sind die Kunden von web.de, die United Internet bald übernehmen wird. Beim Internet- Anbieter freenet bucht mittlerweile jeder Dritte Neukunde Internet- Telefonie mit. »Wir haben eine hohe Nachfrage«, sagt eine freenet-Sprecherin.
Zur Verbreitung der Internet-Telefonie trägt maßgeblich die Verbreitung von Breitbandanschlüssen bei. Denn wer keine Abstriche bei der Sprachqualität in Kauf nehmen will, braucht einen Breitband-Internetanschluss. Nach Ansicht von Experten wird VoIP innerhalb der kommenden zehn Jahre das traditionelle Festnetz ablösen. Für die Kunden ausschlaggebend ist vor allem der günstige Minutenpreis. Nach einer Studie der Beratungsfirma Deloitte Deutschland wird die Internet-Telefonie den großen europäischen Telekom-Konzernen in den kommenden Jahren Umsatzausfälle in Milliarden-Höhe bescheren.
Druck auf das Festnetz kommt auch von den Mobilfunkanbietern. Vodafone, E-Plus, O2 und auch die Telekom-Tochter T-Mobile wollen mehr Kunden vom Festnetz zum Mobiltelefon locken. O2 und Vodafone haben zudem einen eigenes Festnetz-Angebot im Sortiment. Innerhalb weniger Wochen gewann Vodafone 100000 Festnetz-Kunden und trug damit zum Neukundengeschäft bei. Deutschland-Chef Jürgen von Kuczkowski freute sich: »Der Zuspruch liegt weit über den Erwartungen.«

Artikel vom 02.08.2005