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Kontroverse um
Fehlstartregel

Dopingvorstoß erstaunt IAAF

Helsinki (dpa). Die Entscheidung über die Verschärfung der Fehlstartregel und ein realitätsferner Vorstoß zur Verdoppelung der Doping-Sperre für Erstsünder auf vier Jahre werden beim 45. Kongress des Leichtathletik-Weltverbandes in Helsinki im Blickpunkt stehen.

»Der Vorschlag für die neue Fehlstartregel hat bereits eine Kontroverse ausgelöst. Das ist eine spannende Thematik«, sagte IAAF-Vizepräsident Helmut Digel vor der heute und morgen stattfindenden Session. Zwei Tage später wird die finnische Metropole Schauplatz der 10. Weltmeisterschaften (6. bis 14. August) sein.
Der Vorstoß seines IAAF-Amtskollegen Amadeo Francis (Puerto Rico), die Doping-Strafe drastisch zu erhöhen und bei einer Wiederholungstat sogar den lebenslangen Bann zu verhängen, stößt dagegen nur auf Ablehnung. »Das wäre ein Rückschritt«, betonte Digel. Die IAAF hatte von Anfang bis Mitte der 90er Jahre einen ersten Doping-Verstoß mit vier Jahren Sperre geahndet, was rechtlich jedoch umstritten war und ist. Deshalb reduzierte die IAAF das Strafmaß auf zwei Jahre, was inzwischen auch im Welt-Anti-Doping-Code festgeschrieben ist.
»Die Forderung nach einem höheren Strafmaß ist unrealistisch und der falsche Weg. Es muss dagegen eine höhere Kontrolldichte und mehr Transparenz geben«, kritisierte der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), Clemens Prokop, die Francis-Initiative. Der DLV-Antrag, die Doping-Tests der Athleten im Internet zur Kenntnis zu geben, ist aber ebenso chancenlos. »Das IAAF-Council und die Athletenkommission haben sich dagegen ausgesprochen. Ich bedauere dies sehr«, meinte Prokop. Ziel sei, die Wertigkeit der sportlichen Leistung in Beziehung zur Anzahl der Doping-Tests setzen zu können.
Der DLV wird bei seinem Votum für die neue Fehlstartregel hingegen nicht allein sein. Bislang ist der Verursacher des ersten Fehlstarts nur verwarnt worden, der Läufer, der den zweiten auslöste, wurde jedoch disqualifiziert. »Diese Differenzierung ist nicht einzusehen, beides sind individuelle Fehler«, sagte Prokop. Auch Digel, der in der IAAF für Marketing zuständig ist, setzt sich für die neugefasste Regel ein, die eine sofortige Ausschluss eines Athleten bei einem Fehlstart vorsieht: »Die Wettkämpfe werden mit Blick auf das Fernsehen dadurch planbarer. Und die Athleten haben ein Interesse daran, ins Fernsehen zu kommen.«
Neben den Beratungen über 300 Anträge, von denen sich 272 auf Wettkampfregeln beziehen, gibt es nur eine personelle Entscheidung zu treffen. So soll eine dritte Frau in das IAAF-Council gewählt werden. Insgesamt gibt es sechs Kandidatinnen. Wenig Aussicht auf Erfolg wird das Begehren des Europäischen Leichtathletik-Verbandes (EAA) haben, die Europameisterschaften alle zwei statt vier Jahre und die WM alle vier Jahre (bisher zwei) auszutragen. »Wirtschaftlich findet die IAAF vor allem über die WM statt und alle profitieren davon. Deshalb räume ich dieser Initiative keine Chance ein«, sagte Digel.

Artikel vom 03.08.2005