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»Das wichtigste
Werkzeug sind
dabei die Augen«

18. Steinmetz-Seminar in Quelle

Von Annemargret Ohlig
(Text und Fotos)
Quelle (WB). Merkwürdiges Klopfen und Schleifen war zehn Tage lang - bis zum vergangenen Sonntag - an der Carl-Severing-Straße zu hören. Wen die Neugier ob dieser Geräusche auf das Grundstück mit der Hausnummer 160 trieb, der sah dort »fleißige Kunsthandwerker« bei der Arbeit.

Bereits zum 18. Mal veranstalteten dort »Hausherr« Uwe A. Jauer und die Bildhauerin und Diplom-Designerin Anne Katrin Stork ein Steinmetz- und Bildhauerseminar. Elf kreative und künstlerisch interessierte Laien - nicht etwa Profis - sind es diesmal, die mit Meißel und Hammer den Kalkstein bearbeiten. Und immer wieder innehalten, begutachten, überlegen, das Werkzeug neu ansetzen, um ihre ganz individuellen Vorstellungen einer Skulptur aus dem harten Material zu »schälen«.
»Die Augen sind das wichtigste Werkzeug«, hat Anne Katrin Stork ihren Schülern deutlich gemacht. Auch wenn gut die Hälfte von ihnen das weiß. Sind sie doch »Wiederholungstäter« und haben bereits mehrmals an den Steinmetz-Seminaren teilgenommen.
Entstanden sind die Seminare »aus einer Not heraus«, erinnert sich Steinmetz- und Steinbildhauermeister Uwe A. Jauer an den Beginn dieser Angebote vor etlichen Jahren. Damals war Jauers Natursteinwerk-Betrieb noch an der Carl-Severing-Straße beheimatet. Häufig hätten interessierte Menschen bei ihm nachgefragt, ob er ihnen nicht die Steinbildhauerei zeigen könnte, sie einmal bei ihm »mitarbeiten« dürften. »Weil das bei laufendem Betrieb allerdings unmöglich ist, suchten wir nach einer anderen Möglichkeit.«
Die fand Jauer gemeinsam mit Anne Katrin Stork, damals noch als Gesellin in seinem Betrieb tätig. Berufsbegleitend absolvierte sie zudem ein Grafik-Design-Studium: Die Steinbildhauer-Seminare wurden ins Leben gerufen - und hatten Bestand. Selbst als Anne Katrin Stork Bielefeld den Rücken kehrte, um zwei Jahre lang an einer Universität in Mexiko als Professorin zu unterrichten und auch wenn sie inzwischen in Berlin lebt und arbeitet - die Seminare in Quelle begleitet sie weiterhin.
Neben der handwerklichen Einführung am Anfang ist es besonders das bildhauerische Sehen, was sie ihren Schülern zu vermitteln versucht. »Man muss sich bei dieser Arbeit mit dem Stein Zeit nehmen und sich fragen "Was will ich?" - und dann ganz genau hinschauen«, erklärt sie. »Künstlerisches Arbeiten ist abstraktes Denken.« Außerdem sei das Lernen des »Formenalphabets« unabdingbar - ohne dass jeoch dabei Kopien entstehen sollen.
Monika Gützlaff (60), eine Teilnehmerin, die bereits zum vierten Mal dabei ist, hat dieses längst verinnerlicht. »Ich habe jedes Mal etwas von hier mitgenommen«, sagt sie hoch zufrieden. Sie meint das auch in doppelter Hinsicht. Die neue Arbeit - ein stilisierter Kopf mit archaischen Gesichtszügen, um den sich ein Arm schlingt - wird wieder einen besonderen Platz in ihrem Garten finden.

Artikel vom 02.08.2005