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»Psychologie
spielt eine
große Rolle«

Hitzfelds Trainer-Ratschläge

Auf die große Fußball-Bühne zieht es Ottmar Hitzfeld vorerst nicht zurück, doch bei seinen Kollegen hat er sich schon wortreich zurückgemeldet. Frisch und vital wirkte der 56 Jahre alte Erfolgscoach vor kurzem bei seinem Besuch des Internationalen Trainer-Kongresses in Düsseldorf.
Ratschläge vom Meistermacher: Ottmar Hitzfeld ist weiter auf Bundesliga-Ballhöhe.
Sein Vortragsthema - »Erfolgsorientierte Führung einer Profi-Mannschaft« - wird der mit 16 Titeln erfolgreichste deutsche Fußball-Lehrer zunächst nicht in die Tat umsetzen: »Ich mache noch ein weiteres Jahr Pause und gehe davon aus, dann wieder richtig hungrig zu sein«, sagte er. Zuletzt hatte sich Hitzfeld mit Golf, Ausflügen und Sprachkursen von seinem stressigen Job erholt.
»Sechs Jahre bei den Bayern waren so anstrengend wie 20 Jahre woanders«, sagte Hitzfeld rückblickend. Nach seinem Ausstieg beim Rekordmeister hatte er attraktive Angebote als Bundestrainer oder Chefcoach bei Real Madrid abgelehnt. »Ich habe mich gesundheitlich im roten Bereich bewegt, muss den Akku erst wieder voll aufladen.« Unter welchen Bedingungen Hitzfeld, der mit Borussia Dortmund und Bayern München die Champions League gewann, auf die Bank zurückkehren würde, ließ er offen: »Es gibt kein spezielles Anforderungsprofil.« Zuletzt verhandelte er erfolgreich über die Fortsetzung seiner Tätigkeit als TV-Experte für den Bezahlsender Premiere: Hier bleibt er am Ball.
Eine Kostprobe seiner Ausstrahlung gab Hitzfeld zum Kongress-Abschluss den Mitgliedern im Bund Deutscher Fußball-Lehrer (BDFL). Mit Witz und Charme plauderte er über Anekdoten aus seiner Laufbahn und gewährte Einblicke in das teils konfliktträchtige Kapitel beim FC Bayern, zum Beispiel als Bixente Lizarazu und Lothar Matthäus im Training handgreiflich aneinander gerieten.
»Neben der Führungskompetenz im Spannungsfeld zwischen Verein und Akteuren spielen auch pädagogische und psychologische Fähigkeiten eine elementare Rolle«, dozierte Hitzfeld im Scheinwerferlicht.
In dem mit fast 1000 Zuhörern besetzten Kongress-Saal saß auch ein ehemaliger Schüler in einer der ersten Reihen. Matthias Sammer, einst Spieler unter Hitzfeld beim BVB und zuletzt Coach des VfB Stuttgart, maß der Tagung große Bedeutung als »Kommunikations-Plattform« bei: »Man braucht nicht zu glauben, dass man schon alles weiß und alles kann - man lernt nie aus.« Neuerungen bei Übungsformen und Verletzungsprophylaxe fanden bei ihm Gehör.
Sammer brachte sich inzwischen zwar als Sportdirektor beim DFB ins Gespräch, verspürt aber keinen Zeitdruck: »Ich strebe jetzt nicht schnellstmöglich ins Geschäft zurück«, sagt er. Diese Taktik teilt er mit »Lehrmeister« Hitzfeld.

Artikel vom 05.08.2005