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Gesundheit ohne Rezept

Selbstmedikation und natürliches Heilen liegen voll im Trend

Wenn es im Bauch zwickt oder im Hals kratzt, gehen zwei Drittel der Deutschen nicht mehr gleich zum Arzt. 88 Prozent kurieren Erkältungen selbst aus, ergab eine Umfrage der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen. Jeder Zweite versucht Magenprobleme mit sanften Methoden zu lindern.

Schmerzen bekämpfen 66 Prozent zunächst mit Hausmitteln oder rezeptfreien Wirkstoffen. Die Gründe für diesen Trend sind neben der Vermeidung von langen Wartezeiten beim Arzt und der Praxisgebühr, der Wunsch nach natürlicher Heilung ohne große Nebenwirkungen sowie mehr Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen.
Gegen viele Beschwerden ist die Selbstbehandlung mit Naturheilmitteln tatsächlich die beste Methode - sie ist oft nicht nur preiswerter, sondern hat auch weniger Nebenwirkungen.
In Deutschland setzen drei Viertel der Erwachsenen bei leichten bis mittelschweren gesundheitlichen Beschwerden sowie zur Vorbeugung zumindest gelegentlich auf pflanzliche Arzneimittel. Trotzdem sollte mit Arzneimitteln - auch wenn sie auf rein pflanzlicher Basis hergestellt sind - kein leichtfertiger Umgang gepflegt werden.
»Nur weil etwas natürlich ist, ist es noch lange nicht in allen Fällen die richtige Wahl und nicht immer vollkommen ungefährlich«, warnt Dozentin Dr. Heidi Braunewell von der Reformhaus-Fachakademie in Oberursel.
In jedem Fachgeschäft für gesundes Leben muss daher mindestens ein arzneilich sachkundiger Fachberater zur Verfügung stehen, der häufig sogar zusätzlich als Naturarzneimittel-Berater qualifiziert ist.
»Diese Leute wissen genau, dass kampferhaltige ätherische Öle keinesfalls für die erkältungsgeplagte Kinderlunge geeignet sind, weil Kinder darauf mit einer Art Atemlähmung reagieren können«, benennt Dr. Braunewell nur einen der möglichen Fälle, in denen der Kunde ganz wesentlich auf die Fachkenntnis des Beraters angewiesen ist. Allein mit dem Wissen aus Gesundheitsratgebern, pflanzliche Arzneimittel ohne zusätzliche ärztliche oder sachkundige Beratung auszutesten und langfristig anzuwenden, sei dagegen schon jast fahrlässig, so die Expertin für Naturheilkunde.
Auch in punkto Arzneimittelqualität ist es ratsam, diese beim Kauf ganz gezielt abzufordern. Der »Graue Markt« mit so genannten »Pseudo- und Wundermitteln« - die keine zugelassenen Arzneimittel sind, sondern rechtlich allenfalls dem Lebensmittelrecht unterliegen - wächst proportional zur Akzeptanz der grünen Medizin in der Öffentlichkeit. Doch Pflanzenarznei ist nicht gleich Pflanzenarznei. »Dem Verbraucher selbst ist der Unterschied zwischen geprüftem freiverkäuflichen Arzneimittel und Pseudo-Medikament häufig gar nicht klar. Und Qualitätsmerkmale sind für den Laien ohnehin schwierig zu erfassen«, so Heidi Braune- well. In Fachgeschäften gelten für alle zugelassenen freiverkäuflichen Arzneimittel mindestens die Grundsätze des Deutschen Arzneimittelbuches. Wirksamkeitsnachweis und Dokumentation möglicher Risiken und Nebenwirkungen wurden bei der rechtlichen Arzneimittelzulassung erbracht.
Viele neue Erkenntnisse aus Forschung und Wissenschaft bestätigen heute die Wirksamkeit der mild wirkenden Naturarzneien. Naturarzneimittel unterdrücken nicht die Krankheitssymptome, sondern helfen dem Körper, seine Selbstheilungskräfte zu aktivieren und die Krankheit aus eigener Kraft zu überwinden. Das führt oft zu einem viel nachhaltigeren Therapieerfolg.
Für nahezu alle Beschwerden von Kopf bis Fuß sind Heilkräuter gewachsen: Von der allgemeinen Stärkung und Kräftigung über Erkältungskrankheiten, Magen- und Verdauungsbeschwerden, Kreislaufproblemen bis hin zu Harnwegsinfektionen oder rheumatischen Beschwerden reichen die Einsatzgebiete der Naturmedizin. Natürlich hat die Selbstmedikation auch ihre Grenzen. Immer dann, wenn Beschwerden nicht nachlassen und grundsätzlich bei allen organischen Erkrankungen wie Herzproblemen oder Nierenentzündungen ist der Gang zum Arzt unerlässlich.
Die veränderte Situation im Gesundheitswesen sensibilisiert jeden Menschen für gesundheitliche Schwachstellen. Diese im Vorfeld so zu stärken, dass sie sich gar nicht erst zu einer Erkrankung entwickeln, ist für jeden einzelnen eine Chance.
Neben regelmäßiger Bewegung leistet eine ausgewogene und vollwertige Ernährung mit genügend Obst und Gemüse einen wichtigen Beitrag, um gesund und fit zu bleiben. Die Einnahme zusätzlicher Mikronährstoffe wie natürliches Vitamin C aus der Acerola-Kirsche oder dem Sanddorn und das Spurenelement Zink - unterstützt das Immunsystem zusätzlich und schützt den Körper vor Zellschädigungen. Darüber hinaus fördern pflanzliche Immunstärker wie Ginseng oder Taigawurzel kurmäßig angewendet die Belastbarkeit und Vitalität gerade auch in den Wintermonaten. Molkekonzentrate und probiotische Produkte machen die Darmflora fit und schaffen damit erst die Voraussetzung für ein funktionierendes Immunsystem.

Artikel vom 12.08.2005