01.08.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

London fürchtet sich vor dritter Terrorzelle

Rucksack-Attentäter wehrt sich gegen Auslieferung

London/Rom (dpa). Eine dritte islamistische Terrorzelle soll sich in Großbritannien auf freiem Fuß befinden und weitere Anschläge gegen Londoner U-Bahnen und andere »weiche Ziele« planen. Dies berichtete die »Sunday Times« unter Berufung auf Sicherheitskreise.
Die Londoner Polizei habe beim größten Antiterror-Einsatz ihrer Geschichte am vergangenen Freitag auch deshalb rasch zugegriffen, weil Ermittler eine »dritte Welle« von Anschlägen unmittelbar befürchteten, hieß es weiter. Der Antiterror-Chef von Scotland Yard, Peter Clarke, betonte, die Bedrohung bleibe »sehr real«.
Scotland Yard konzentriert sich nun bei der Suche nach weiteren Terroristen auf die Verhöre von zwölf Terrorverdächtigen. Nach Angaben der Polizei sind bei den spektakulären Polizeioperationen der vergangenen Woche insgesamt ein Dutzend Personen in Großbritannien und Rom festgenommen worden. Sie stehen alle im Verdacht, an den Anschlägen auf U-Bahnen und Busse im Juli in London beteiligt gewesen zu sein. Darunter befinden sich die vier mutmaßlichen Rucksackbomber.
Derweil wehrt sich der in Rom festgenommene mutmaßliche Rucksack-Attentäter von London, nach Großbritannien ausgeliefert zu werden. »Ich will in Italien bleiben«, zitiert die Zeitung »La Stampa« den 27-jährigen gebürtigen Äthiopier. Hamdi Adus Issac, der unter dem somalischen Namen Osman Hussein in London lebte, habe seiner Pflichtverteidigerin Antonietta Sommessa den Auftrag erteilt, sich dem Antrag auf Auslieferung nach Großbritannien zu widersetzen. Ein Gericht in Italien müsse jetzt über den Antrag entscheiden, hieß es.
Nach Medienberichten gestand Issac, der britischer Staatsbürger ist, unmittelbar nach seiner Festnahme die Beteiligung an den Anschlägen. Nach Angaben der »Sunday Times« unter Berufung auf italienische Berichte soll Issac außerdem ausgesagt haben, dass die an den gescheiterten Attentaten vom 21. Juli Beteiligten in keiner Verbindung zu den Selbstmordanschlägen vom 7. Juli auf drei U-Bahnen und einen Bus in London gestanden hätten.
Nach Angaben der »Sunday Times« und des »Sunday Telegraph« unter Berufung auf Polizeiquellen soll Issac vor seiner Festnahme mehrfach in Saudi-Arabien angerufen haben. Nun ermittele die Polizei, ob die Anschläge von London vielleicht von dort aus organisiert worden sind.
Die Polizei hatte bei ihrer erfolgreichen Jagd nach den vier Rucksackbombern am Freitag einen fünften möglichen Attentäter festgenommen. Dabei handelt es sich um Whabi Mohammed (23), einen Bruder des Rucksackbombers Ramsi Mohammed, der am selben Tag gefasst worden war.
In London waren bei der spektakulären Polizeiaktion außerdem der mutmaßliche Attentäter Muktar Said Ibrahim alias Muktar Muhammad Said (27) gefasst worden. Am Mittwoch zuvor war als erster der mutmaßlichen Terroristen Yasin Hassan Omar (24) in Birmingham überwältigt worden. Der gebürtige Somalier lebte seit vielen Jahren legal auf der britischen Insel.
Die Polizei kam den Terrorverdächtigen in London durch Hinweise aus der Bevölkerung auf die Spur, nachdem Aufnahmen von Überwachungskameras veröffentlicht worden waren. Auch Angehörige der Verhafteten sollen der Polizei geholfen haben.
Der als mutmaßlicher Hintermann der Selbstmordanschläge vom 7. Juli verdächtigte Haroon Rashid Aswat (30) wird von Sambia an Großbritannien ausgeliefert. Das gaben jetzt die Behörden des afrikanischen Landes bekannt. Obwohl beide Länder kein Auslieferungsabkommen haben, unterzeichnete Innenminister Kalombo Mwansa eine entsprechende Anordnung. Aswat soll 20 Mal mit den Londoner Rucksackbombern telefoniert haben.

Artikel vom 01.08.2005