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Kassen kritisieren
Pharmaindustrie

Schuld an hohen Arneimittelkosten

Berlin (dpa). Die Pharma-Industrie gerät zunehmend ins Zentrum des Streits über die rapide gestiegenen Arzneimittelausgaben.
Warnt vor Kostenexplosion: AOK-Chef Hans-Jürgen Ahrens.

Mehrere Krankenkassenchefs warfen den Medikamenten-Herstellern am Wochenende vor, mit einem gewaltigen Werbeaufwand überteuerte Präparate in den Markt zu drücken und eine Gewinnmaximierung auf Kosten der Beitragszahler zu betreiben. Die Pharma-Unternehmen wiesen die Vorwürfe zurück und forderten einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Medikamente. Der Vorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Hans Jürgen Ahrens, warnte erneut vor einer Kostenexplosion.
Der Chef der Barmer-Ersatzkasse Eckart Fiedler sagte, vor allem so genannte Scheininnovationen seien Kostentreiber. Sie stehen unter Patentschutz und seien vergleichsweise teuer. Dennoch brächten sie oft keine Verbesserung für die Patienten. »Hier müssen wir dafür sorgen, dass die Ärzte nicht den Einflüsterungen der 16 000 Pharmaberater, die in Deutschland herumlaufen, unterliegen.«
Ähnlich argumentierte der Chef der Techniker Krankenkasse Norbert Klusen. »Die Pharma-Industrie muss sich schon überlegen, ob es ihrem Image förderlich ist, nur auf die kurzfristige Gewinnmaximierung zu schielen.«
In der Pharma-Industrie macht sich Hoffnung breit, dass mit der von Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) geplanten Mehrwertsteuererhöhung der Steuersatz für die eigenen Produkte sinkt. Seit Jahren beklagt die Branche, dass der Staat zwar Tierfutter mit dem ermäßigten Satz von 7 Prozent belegt, für Arzneimittel aber die volle Mehrwertsteuer verlangt. Würde dies geändert, hätten die Kassen zusätzlichen Spielraum für Beitragssenkungen.
Ahrens: »Wenn der Anstieg ungebremst weitergeht, können wir Beitragssatzsenkungen vergessen.« Er forderte die Kassenärztlichen Vereinigungen auf, eine Lösung nicht weiter zu boykottieren. »Entweder wir sind in der Lage, solche Probleme zu lösen, oder die Politik muss eingreifen.«

Artikel vom 01.08.2005