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Kommentar
String-Tangas bei Neckermann

Umsatz ist nicht alles


Entsetzte Kinderschützer und empörte Kunden: Neckermann macht's möglich. Bei den String-Tangas für Mädchen hat sich der Versandhausriese angeblich nichts gedacht. »Wir haben die Wäsche völlig arglos ausgewählt«, erklärte Anita Niemann vom Referat Mode. Unfassbar! Liest man denn bei Neckermann nur die Wirtschaftsnachrichten?
Erst in der vergangenen Woche beschäftigten wieder zwei Kinderschänderskandale die Gerichte in Frankfurt und Braunschweig. Egal ob im Internet oder Versandhauskatalog: Pädophile springen auf sexuelle Reize wie String-Tangas an, »normale« Mütter und Väter würden das bisschen Stoff gar nicht erst kaufen. Firmen hätten nicht die Aufgabe, Mäntel zu teilen, sondern Mäntel zu verkaufen, sagte August Oetker einmal. Stimmt! Aber das darf nicht dazu führen, dass beim Streben nach Umsatz das moralische Gewissen auf der Strecke bleibt. String-Tangas für Dreijährige sind etwas anderes als Mäntel.
Tröstlich am Fall Neckermann ist, dass sich die Macht des Kunden regte. Nach wütenden Protesten lenkte der Konzern ein, er will die Unterwäsche aus dem Sortiment nehmen. Das macht den Katalog sympathischer und rettet Neckermanns guten Ruf. Dietmar Kemper

Artikel vom 01.08.2005