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Rente nur noch Basisschutz

Seehofer (CSU) fordert private Pflichtvorsorge - Merkel dagegen

Berlin (Reuters/dpa). Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel lehnt eine Pflicht zur privaten Altersvorsorge als Ergänzung der gesetzlichen Rente ab. Die Riester-Rente müsse nicht verpflichtend gemacht werden, sagte Merkel gestern Abend in der ARD. CSU-Sozialexperte Horst Seehofer hatte zuvor eine Pflichtvorsorge ins Gespräch gebracht.

Seehofer sagte der »Welt am Sonntag«, sie müsse als Ergänzung zur staatlichen Grundversorgung eingeführt werden, sobald den Steuerzahlern ausreichend Geld im Portemonnaie bleibe. Es werde immer Menschen geben, die »mit der totalen Eigenvorsorge« überfordert seien, begründete Seehofer seinen Vorschlag. Die Gestaltung der Vorsorge solle jedem Einzelnen überlassen bleiben.
Zuvor hatte bereits der CSU-Abgeordnete Wolfgang Zöller verlangt, die Riester-Rente für Bezieher niedriger Einkommen verbindlich zu machen. Zudem sagte er, die gesetzliche Rente werde mittelfristig nur noch eine Basisversorgung sein. Er betonte: »Wir müssen der jungen Generation sagen, dass die Rente für das Einkommen im Lebensalter nicht mehr die einzige Basis ist.«
Bereits jetzt drohen den Rentenkassen große Finanzlöcher. Der Bund muss deshalb wie berichtet im September voraussichtlich 450 Millionen Euro vorübergehend vorschießen, im Oktober 1,1 Milliarden Euro und im November 700 Millionen Euro. Dazu kommen im September 50 Millionen Euro für laufende Rentenzahlungen und im November eine Milliarde Euro Beiträge für Kindererziehungszeiten sowie erstmals ein Kredit von 400 Millionen Euro.
Der Rentenexperte der FDP, Daniel Bahr, erneuerte seine Forderung nach Abschmelzung der gesetzlichen Rente auf eine Basissicherung. »Wir wollen, dass nur noch ungefähr die Hälfte der Alterssicherung aus der gesetzlichen Rente, die andere Hälfte aus privater und betrieblicher Altersvorsorge gebildet wird«, sagte er.
Rentenexperte Bert Rürup schloss sich in der »Welt am Sonntag« den skeptischen Prognosen an: »Wir müssen den Rentnern klarmachen, dass die Nullrunde des vergangenen Jahres nicht die letzte gewesen ist.« Den Jüngeren müsse »sehr deutlich gesagt werden, dass die gesetzliche Rente perspektivisch nur noch eine Basisabsicherung sein wird und dass zur Sicherung des Lebensstandards eine Zusatzvorsorge erforderlich ist«, sagte Rürup.
Auch Rürup spricht sich für eine private Alterspflichtvorsorge aus. Die Voraussetzung für eine staatliche Förderung einer Pflicht-Vorsorge müsste allerdings niedriger liegen als bisher. Es könne kaum dabei bleiben, dass lediglich gefördert werde, wer langfristig vier Prozent seines Bruttoeinkommens in die Privatvorsorge stecke. Auf längere Sicht sei auch eine Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre unverzichtbar, sagte der Rentenexperte weiter. Aus Sicht der Senioren-Union ist die Erhöhung des Renteneintrittsalters der falsche Weg. Es sei absurd, über ein Rentenalter von 67 oder 68 zu sprechen, wenn heute nur noch ein Drittel der über 55-Jährigen überhaupt beschäftigt werde, sagte der Vorsitzende Otto Wolff.

Artikel vom 01.08.2005