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Olymp-Prozess: Haftentlassung gefordert

Verteidiger wollen Freiheit für Angeklagte - Ablehnungsanträge gegen Gericht


Bielefeld (hz). Prozesstaktik statt Beweisaufnahme im Olymp-Prozess: Dass am Freitag mit Valeri G. (36) ein wichtiger Zeuge des Mammutverfahrens gegen die vier mutmaßlichen Schutzgelderpresser vom deutsch-russischen Kampfsportverein »Olymp« gehört werden sollte, geriet vor der 4. Großen Strafkammer völlig zur Nebensache. Der 36-Jährige musste am Vormittag nach nur etwa 30 Minuten seine Aussage abbrechen, wurde für die Zeit nach der Prozess-Sommerpause (Unterbrechung bis zum 21. August) umgeladen - und dann ging es zwischen Strafkammer und den fünf Verteidigern der vier Angeklagten Eduard N. (32), Witali S. (31), Eugen P. (35) und Watscheslaw H. (29) Schlag auf Schlag.
In einem gemeinsamen Vorstoß aller Rechtsanwälte wurde dem Vorsitzenden Richter Wolfgang Korte das Misstrauen ausgesprochen. Begründung für die fünf gleichlautenden Ablehnungsanträge, über die am Landgericht voraussichtlich zu Beginn nächster Woche entschieden wird: Korte verhandle im Prozess »ohne Rücksicht auf Verluste« und sei parteiisch, also von der Schuld der vier deutsch-russichen Angeklagten bereits überzeugt.
Anschließend schoben die Verteidiger die Anträge nach, ihre vier seit Spätherbst vergangenen Jahres in Untersuchungshaft sitzenden Mandanten sofort aus dem Gefängnis zu entlassen. Die Haftbefehle gegen die Angeklagten sollten von der Großen Strafkammer aufgehoben oder zumindest außer Vollzug gesetzt werden. Wie berichtet, sollen Eduard N., Witali S., Eugen P. und Watscheslaw H. nach den Ermittlungen von Kripo und Staatsanwaltschaft zur Führungsriege der Schutzgelderpresser und deren Tarnorganisation, dem Jugend-Kampfsportverein »Olymp« von der Ritterstraße, gehört haben.
Doch werden sich die vier Deutsch-Russen, die sich seit Mitte Juni vor der 4. Großen Strafkammer wegen Schutzgelderpressung und Nötigung zu verantworten haben, zumindest noch dieses Wochenende hinter Gittern aufhalten. Über Haftentlassung oder -fortdauer soll wie in puncto Ablehnungsantrag gegen Richter Korte Anfang kommender Woche entschieden werden, teilte Verteidiger Dr. Lutz Klose auf Anfrage mit.
Anlass für Prozesstaktik und Antragsflut der Rechtsanwälte war das am Donnerstag vor dem Detmolder Landgericht beendete Parallelverfahren gegen Eduard N. (Bericht im gestrigen WB). Dort war der 32-Jährige wegen Drogenhandels zu 18 Monaten Haft verurteilt worden - Verstrickungen in Schutzgelderpressungen konnten ihm nicht bewiesen werden. Mit dem bereits rechtskräftigen Detmolder Urteil wollen die Verteidiger im Bielefelder Prozess nun das Strafverfahren gegen alle vier Angeklagte aushebeln. Grund: Was in Detmold nicht zu beweisen war, kann in Bielefeld auch nicht vor Gericht verhandelt werden.

Artikel vom 30.07.2005