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Der Paderborner Dreijahres-Plan

Das erste Ziel nach dem Aufstieg: Klassenerhalt in der neuen Arena sichern

Als die Paderborner Aufstiegsparty auf dem Rathausplatz so richtig Fahrt aufgenommen hatte, griff Wilfried Finke zum Mikrofon. Liga sichern, etablieren und dann angreifen. Diesen Dreijahresplan rief der Präsident des neuen Zweitligisten SC Paderborn 07 am 4. Juni den mehr als 5000 feiernden Fans zu.

Neue Mannschaft, neuer Trainer, neue Geschäftsführung und ein neues Stadion - der SCP baut tatsächlich kräftig um, an und neu und hat langfristig Großes vor. Die Gefahr, sich dabei schon im ersten Jahr kräftig zu verheben, ist dennoch da.
Beispiel Mannschaft: neun Neue (bei Redaktionsschluss dieser Beilage), zwei sollen noch kommen, das wäre dann eine komplette »Elf«. Völlig unverständlich, dass der Klub in Alexander Löbe den Torjäger ziehen ließ. Der unbequeme Kapitän schoss den SCP mit 17 Saisontreffern fast allein in die Zweite Liga. Zwar überwies RW Essen an den SCP für den 32-Jährigen noch eine für Drittligaverhältnisse stolze Ablösesumme von 100 000 Euro, doch Ersatz hat der Klub bis heute nicht gefunden. Mit Michael Lorenz (ebenfalls Essen) ging noch ein Mittelfeldspieler, der ebenfalls schmerzlich vermisst wird. Der Berliner hätte problemlos den verletzten Guido Spork (Sprunggelenk) im defensiven Mittelfeld ersetzen können, der noch mindestens vier Wochen fehlen wird.
Dazu kommt Sebastian Schachten (Werder Bremen/A.), mit dem der Klub noch ein außergewöhnliches Talent ziehen ließ, das eines Tages vielleicht mal die chronisch klammen Vereinskassen hätte auffüllen können.
Beispiel Stadion: Die 15 000 Zuschauer fassende »paragon arena« ist in Bau, doch auch hier droht Ungemach. Anwohner klagen wegen der erwarteten Lärmbelästigung und zweifeln das Gutachten der Stadt an. Außerdem befürchten sie wegen der nur 1300 Parkplätze direkt am Stadion ein Verkehrschaos mit verstopften Anliegerstraßen. Hier könnte das Verwaltungsgericht Minden in Kürze einen Baustopp verhängen. Auch die Finanzierung ist noch immer nicht gesichert, den Zuschuss von der Stadt (3,4 Millionen Euro) gibt's aber nur dann, wenn alle finanziellen Fragen beantwortet sind.
Beispiel Geschäftsführung: Mit Martin Hornberger kommt zum 1. Oktober ein hauptamtlicher Hauptgeschäftsführer. Gespannt darf man sein, wie der 43-Jährige mit Geschäftsführer Michael Born zusammen arbeiten wird, dessen Kompetenzen erneut erheblich beschnitten werden. Die Frage ist auch, inwieweit sich Wilfried Finke tatsächlich zurückzieht. Um das Tagesgeschäft will sich der Unternehmer und Hauptsponsor gar nicht mehr kümmern, dennoch ist kaum vorstellbar, dass künftig Entscheidungen ohne Wissen und Einverständnis des Klub-Boss' getroffen werden.
Der SC Paderborn 07 befindet sich im Umbruch, versucht auf allen Ebenen für mehr Professionalität zu sorgen. Das ist wichtig und richtig, die Hauptlast liegt aber auf den Schultern des neuen Trainers. Jos Luhukay krempelte, in Zusammenarbeit mit dem Sportlichen Leiter Günther Rybarczyk, die komplette Aufstiegs-Elf um. Jede Position wurde dabei zwar doppelt besetzt, jeder Neuzugang besitzt eine gewisse Grundschnelligkeit und die meisten Zugänge verfügen auch über Erfahrungen in der ersten oder zweiten Liga - die Qualität stimmt, was im Moment noch nicht passt, ist die Quantität. Nur 19 Feldspieler umfasst das Aufgebot, zurzeit sind zwei Spieler (Guido Spork, Daniel Cartus) schwer verletzt und fallen nach Operationen noch länger aus, Hüzeyfe Dogan ist noch immer nicht spielberechtigt. Das heißt, Luhukay stehen aktuell nur 16 Spieler zur Verfügung, die gar nicht für den gewünschten Konkurrenzkampf sorgen können. Allerdings sind dem SCP auch finanzielle Grenzen gesetzt. Der Etat von 6,5 Millionen Euro lässt kaum noch Spielraum für angedachte Neuverpflichtungen.
Das Paderborner Zweitliga-Abenteuer beginnt am Sonntag um 15 Uhr im Generali Sportpark von Unterhaching und endet am 14. Mai 2006 mit einem Heimspiel gegen den Karlsruher SC. Sollte das angestrebte Ziel verfehlt werden und der SC Paderborn, wie einst Vorgängerklub TuS Schloß Neuhaus, auch nur zwölf Monate in der zweiten Liga bleiben, würde der Verein vor riesigen Problemen stehen. Bis auf David Fall unterzeichneten alle Neuzugänge nur Verträge für die zweite Liga, weitere elf Kontrakte laufen ohnehin 2006 aus. Der Klub stünde wieder vor einem Neuaufbau, allerdings in einem dann viel zu großen neuen Stadion. Denn Regionalliga-Fußball stößt an der Pader nur auf wenig Gegenliebe. Daran wird auch die »paragon arena« nicht viel ändern.
Matthias Reichstein

Artikel vom 05.08.2005