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Von vornehmen Damen
und knorrigen Bauern

WESTFALEN-BLATT-Serie von Matthias Meyer zur Heyde - Folge 6

Bielefeld (WB). Ferien! Auch wer nicht in die Ferne schweift, kann eine Menge Neues entdecken. Bielefeld bietet den Daheimgebliebenen reichlich Abwechslung. Der »Sommer in der Stadt« kann spannend, vergnüglich, lehrreich sein. Das WESTFALEN-BLATT gibt in dieser Serie Anregungen und Tipps.

Wichtig ist stets der Rote Faden: Wenn Sie, zum Beispiel am nächsten Sonntag, 7. August, mit Joachim Wibbing den schönen Stadtteil Schildesche erkunden möchten, langweilt Sie der studierte Historiker nicht mit staubtrockenem Wissenschaftsdeutsch und nervt Sie auch nicht mit labernen Anekdötchen, sondern nimmt Sie mit auf einen kenntnisreich ausgeschmückten Rundgang - unter klar formulierten Fragestellungen.
Die Gruppe, der man sich auch in spontanem Entschluss anschließen darf - Wibbing führt Karten (vier Euro) mit sich, vorab gibt's die Karten in der Tourist-Info am Niederwall 23 -, trifft sich um 12 Uhr an der Stiftskirche, und damit ist auch schon eines der Themen konturiert: geistliches Leben in einer Siedlung, deren Gemeinwesen vom Verhältnis vornehmer Stiftsdamen - keineswegs Nonnen! -Ê und knorrigen Bauern bestimmt wurde.
Einer Siedlung übrigens, die weder Stadt noch Dorf war, sondern ein grundherrschaftlich organisiertes Sozialgefüge im Weichbild Bielefelds. »Und man darf durchaus fragen, wieso dieses vergleichbar exotische Konstrukt mehr als 1000 Jahre reibungslos funktionieren konnte«, sagt der Schildesche-Spezialist Wibbing.
Von der Kirche führt der Weg zur Hermann-Schäffer-Straße, an der eines von ehemals acht Stiftskurien, mittelalterlichen Privathäusern der Damen, erhalten ist. Auch die heutige neuapostolische Kirche und das alte Pfarrhaus an der Huchzermeierstraße lernen Sie kennen.
Natürlich kommen bei diesem ungefähr zweistündigen Rundgang auch weltliche Aspekte nicht zu kurz. Was bedeutete die Bauernbefreiung von 1806 für die lokale Bevölkerung? Und wussten Sie, dass Schildesche einen Aufstand der Eisenbahnarbeiter gesehen hat? Kennnen Sie die Vorgänge um die Eingemeindung nach Bielefeld im Jahr 1930?
Tipp: Joachim Wibbing führt auch zu anderen Themen (Industrialisierung, Kultur der Friedhöfe) durch Bielefeld. Vielleicht möchten Sie auch mal eine Tour mit ihm buchen (bei der Bielefeld Marketing, Tel.: 51-61 02), die im »Seekrug« bei einem echt westfälischen Pickertessen ausklingt.
Am Mittwoch, 3. August, lesen Sie: Besuch in den »kleinen Paradiesen« - Gärten in OWL.

Artikel vom 30.07.2005