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Ganovenjagd rund um den Globus

Ermittler vom Kommissariat 25 verfolgen die Spuren der Computerbetrüger

Bielefeld (hz). Früher fahndete Oberkommissar Michael Marchel für den Staatsschutz der Polizei und hatte politische Straftäter im Visier. Heute ermittelt der 44-Jährige beim Kriminalkommissariat 25 der Bielefelder Kripo. Dort werden rund um den Globus die Computerbetrüger gejagt. Tendenz der Internet-Straftaten: seit Monaten stark ansteigend.

Pishing, zu deutsch etwa abfischen, ist eine Masche der Internet-Kriminellen, um die Konten ahnungsloser Computernutzer abzuräumen und die Beute dann irgendwo auf diesem Planeten verschwinden zu lassen. Erst kommt eine gefälschte, aber täuschend echt aussehende elektronische Post (E-Mail) von der »Hausbank«, in der bahnbrechende neue Sicherheitsstandards beim online-Banking (Bankgeschäfte per Computer) angekündigt werden. Dann soll der Bankkunde seine Kontonummer, sein Geheimwort fürs online-Banking und eine TAN-Nummer (digitale Unterschrift am Computer) eingeben - die sensiblen Daten werden von den Kriminellen abgefischt.
Die Täter räumen das Konto, Schäden von bis zu 20 000 Euro sind keine Seltenheit. »Pishing im Internet«, sagt Oberkommissar Marchel, »das ist in etwa so, als würde man auf der Straße einem Wildfremden seine EC-Karte samt Geheimnummer übergeben.« An 35 Strafanzeigen arbeiten Marchel und seine Kollegen vom »KK 25« zur Zeit: »Geben wir einen Fall an die Staatsanwaltschaft ab, liegt schon ein neuer auf dem Tisch.«
Und die meist aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion stammenden Täter, die sich beim Geldtransfer rund um den Globus deutscher Mittelsmänner bedienen, werden immer erfinderischer. Die neueste Masche: Über gefälschte digitale Telefonrechnungen, die horrende Beträge vorgaukeln, wird heimlich ein Ausspäh-Programm (Trojaner) auf dem Computer des Opfers installiert. Gibt das dann seine TAN-Nummer beim online-Banking ein, stürzt sein PC ab - die Täter haben somit Zeit, mit der digitalen Unterschrift das Konto zu leeren.
Deshalb rät Oberkommissar Marchel zu besonderer Vorsicht bei Bankgeschäften im Internet. Die Tipps des Fahnders: Immer auf die Browser-Zeile oben auf dem PC-Bildschirm schauen (zeigt an, mit wem man verbunden ist), den Verfügungsrahmen beim online-Banking auf maximal 1000 Euro pro Überweisung begrenzen und am besten unbekannte E-Mails sofort löschen.
Die Chancen, das Geld wiederzubeschaffen und die Internet-Betrüger zu fassen, stehen für die Kripoermittler schlecht. Die deutschen Mittelsmänner zahlen die Beute bei den Filialen einer weltweit tätigen Reisebank ein - die Täter holen, um Spuren zu verwischen, die Beträge in jedem Land ihrer Wahl ab. Und während die Kriminellen in Lettland oder Litauen sitzen, versenden sie ihre Mails von Malaysia, Taiwan oder Japan aus.

Artikel vom 29.07.2005