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Von Licht und Schatten

Wenig Beifall und lautstarker Protest für »Holländer«

Von Stephan Maurer
Bayreuth (dpa). Richard Wagners »Fliegender Holländer« als die Geschichte vom Missbrauch eines Mädchens durch den eigenen Vater - das ist nicht eines jeden Wagnerianers Sache. Entsprechend ablehnend reagierte das Publikum am Mittwochabend bei der Premiere. Die Interpretation von Claus Guth löste neben sparsamem Beifall vor allem lautstarken Protest aus.

Zustimmung fand dagegen die spannungsreiche musikalische Interpretation von Marc Albrecht, auch wenn der Dirigent es den Sängern zeitweise nicht leicht machte, sich gegen das lauttönende Orchester Gehör zu verschaffen. In der Sängerriege wechselten Licht und Schatten ab: Bei Bayreuth-Debütant Jukka Rasilainen - mit teils allzu verhaltenem Bariton - in der Titelrolle ebenso wie bei Adrienne Dugger als emotional berührende, aber nicht immer intonationssichere Senta.
Auch Jaakko Ryhänen als Daland lieferte eine durchwachsene Leistung ab. Konzentriert, mit schmerzlichem Schmelz, sang Endrik Wottrich den Erik und meldete sich nach dem missglückten »Parsifal«- Abenteuer des vergangenen Jahres zurück, als er sich als Sänger der Titelrolle heillos mit Regisseur Christoph Schlingensief zerstritten hatte. Uta Priew (Mary) und Norbert Ernst (Steuermann) vervollständigten das Ensemble. Die Glanzlichter in einer musikalisch eher durchschnittlichen Aufführung setzte in klanggewaltigen Szenen der Festspielchor unter Leitung von Eberhard Friedrich.
Regisseur Claus Guth hat das Drama um Senta im dritten Aufführungsjahr weiter verdichtet. Neben den wie Zwillinge gestalteten Hauptfiguren Holländer und Daland tauchen zeitweise bis zu sieben weitere Klone in Kapitänsuniform aus und bedrängen die kleine, von einem Mädchen dargestellte Senta. Freilich verdeutlichen die plakativen Bilder auch die Eindimensionalität der Interpretation. Der Holländer ist hier die Wiederkehr des Vaters Daland - Senta erlebt den Albtraum ein zweites Mal. Am Ende bleibt sie gefangen zurück: Ihr Opfertod, mit dem sie den Holländer trotz allem erlösen will, findet nicht statt.
Übrigens: Mit einer Aufnahme von »Der Ring des Nibelungen« aus dem Jahr 1956 haben die Bayreuther Festspiele die Edition von Live-Aufzeichnungen aus dem Festspielhaus fortgesetzt. Man hoffe, dadurch die Arbeit früherer Jahre in Erinnerung zu rufen, erklärte Festspielleiter Wolfgang Wagner gestern. Für die 13 CDs umfassende Veröffentlichung wurde eine Aufzeichnung des Bayerischen Rundfunks verwendet.

Artikel vom 29.07.2005