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»Werbeverbot
trifft uns hart«

Königsklasse künftig rauchfrei

Budapest (dpa). Die Formel 1 wird in Europa zur rauchfreien Zone. Beim »Großen Preis von Ungarn« an diesem Wochenende dürfen die Tabaksponsoren letztmals auf Rennwagen, Teamkleidern und Strecken ihre Produkte anpreisen.

Am 1. August tritt das von der Europäischen Union beschlossene Tabakwerbeverbot im Sport in Kraft. Danach qualmen in der »Königsklasse« des Motorsports zumindest in der »Alten Welt« nur noch die Motoren. »Das Werbeverbot wird die Formel 1 hart treffen«, prognostizierte ein Vertreter einer Zigarettenmarke.
Die betroffenen Teams müssen Mindereinnahmen in Millionenhöhe verkraften. Schätzungsweise 300 Millionen Euro »blasen« die fünf engagierten Tabakkonzerne allein in dieser Saison in den Grand-Prix-Sport. Selbst wenn die Marketingexperten bei ihrer fieberhaften Suche nach Ersatzsponsoren schon teilweise fündig wurden, müssen sie gewaltige Abstriche in Kauf nehmen.
Wenn die Whiskey-Marke Johnnie Walker für das Zigarettenlabel West zu McLaren-Mercedes kommt, fließt nur noch ein Drittel der bisherigen 50 Millionen Euro an den Rennstall. Imperial Tobacco stieg bei den Silberpfeilen sogar schon nach Freitags-Training aus, da der Konzern wegen des englischen Rechts nach dem 29. Juli seine Werbefläche und die Werbesumme um 20 Prozent reduzieren müsste. Das Unternehmen Gallahar (Benson & Hedges) wird sein vergleichsweise geringes Engagement bei Jordan in ein paar Wochen ganz einstellen. Kein Wunder, dass bei dem Jahre lang Geld fressenden Moloch Formel 1 plötzlich Sparen angesagt ist.
Der Boom mit den Glimmstängeln ist längst vorbei. Ihren Höhepunkt hatte die Tabakwerbung in den Jahren 1999/2000, als 1,5 Milliarden Mark in die Formel 1 geflossen waren. Danach kürzten die Konzerne ihre Zuschüsse bis heute auf knapp die Hälfte. »Unsere Aktionäre werden froh sein, wenn sie sehen, welche Summen sie sparen«, sagte ein Tabakrepräsentant. Für sie sei es aber schade, sich aus dem Motorsport zurückziehen zu müssen.
In Europa endet damit eine fast 40-jährige Ära: Golden Leaf ließ einst den Lotus des Briten Graham Hill beim »Großen Preis von Spanien« im Mai 1968 erstmals in ihren Farben lackieren und mit ihrem Schriftzug versehen.
Philip Morris wirbt mit Marlboro auf dem Ferrari und bezahlt Michael Schumachers Gehalt in Höhe von 35 Millionen Dollar. Die Marke mit dem harten Männerimage hat mit 98 Prozent den weltweit höchsten Bekanntheitsgrad. Trotz Werbeverbots unterstützt das Unternehmen die Scuderia weiter. Marktuntersuchungen haben ergeben, dass der rot-weiß lackierte Bolide auch ohne Zigarettenaufdruck mit der Marke gleichgesetzt wird.
British American Tobacco (Lucky Strike) besitzt sogar BAR. Das Unternehmen möchte seinen Rennstall an Honda verkaufen. Japan Tobacco (Mild Seven) ziert den Renault des wahrscheinlich neuen Weltmeisters Fernando Alonso. Die Japaner verlängerten ihren Vertrag mit den Franzosen trotz Werbeverbots bis 2006 mit einer Option auf Verlängerung.
Michael Schumacher ist im zweiten Training wegen eines technischen Defektes schon nach nur einer Runde stehen geblieben. Er gab sich aber ganz gelassen: »Ein Elektronik-Problem, das können wir lösen.« Toyota-Testfahrer Ricardo Zonta (Brasilien) fuhr in 1:20,469 Minuten die schnellste Runde. Sein Teamkollege Ralf Schumacher (Kerpen) belegte mit 1,222 Sekunden Rückstand den fünften Platz. Nick Heidfeld (Mönchengladbach) kam im BMW-Williams auf Rang zwölf.

Artikel vom 30.07.2005