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Leitartikel
Gedanken zur Babyklappe

Tröstlich
ist, dass
es sie gibt


Von Rolf Dressler
Babyklappe und ehrenamtlich-selbstloser Babyklappen-Dienst rund um die Uhr: Wir alle sollten besonders dankbar dafür sein, dass Menschen diesen Rettungsanker für Menschen bereithalten, die in der Stunde ihrer schmerzlichsten Einsamkeit und vermeintlichen Gottverlassenheit buch- stäblich nicht mehr ein noch aus wissen.
Bislang gottlob wahrscheinlich wohl »nur« vier verzweifelte Mütter legten ihr gerade erst zur Welt gebrachtes Neugeborenes in einer der insgesamt fünf ostwestfälisch-lippischen Babyklappen ab. Wie groß aber muss die seelische Not jeder dieser vier Frauen gewesen sein? Wer kann das wirklich nachempfinden?
Doch trotz aller inneren Bedrückung haben die Betroffenen bewundernswerte Festigkeit bewiesen: Mein Baby soll leben! Diesem innigen Wunsch folgten offenbar auch die vier ostwestfälischen Frauen, als sie ihr Neugeborenes den fürsorgenden Helfern vom Babyklappen-Dienst anvertrauten - wenn auch überaus schweren Herzens, unter vielen, vielen Tränen und mutterseelenallein mit sich und dem winzigen Erdenbürger.
Das will wahrlich etwas heißen in einer Zeit, deren »Liberalität« vor keiner moralischen und ethischen Grenzlinie mehr haltmacht. Vorzugsweise auch gerade dann nicht, wenn man bei solchen Gelegenheiten vor allem der Institution (katholische) Kirche oder anderen Richtunggebern etwas am Zeuge flicken kann, die als lästig zeitgeiststörend angesehen werden.
Seit den frühen 1970er Jahren ist den nachwachsenden Generationen eingetrichtert worden, dass das Recht auf Abtreibung gleichsam ein Menschengrundrecht sei. Also wurde es mit allen Mitteln durchgedrückt und sogar in Gesetzesform gegossen. Eines aber können noch so gewundene Paragraphen nie und nimmer verwischen und vergessen machen: Jede Abtreibung tötet einen Men- schen.
Schon mehr als 2,1 Millionen mal geschah dies allein seit 1995 in Deutschland. Und bis zum Jahre 2050 werden unserem Land unter diesen Vorzeichen sage und schreibe mindestens 12 Millionen Babys »verloren- gegangen« sein, weil wir, die anmaßend selbstgewissen Lebenden, es so und nicht anders wollen und bestimmen - um nicht zu sagen: exekutieren.
Abtreibung ist glasklar rechtswidrig und bleibt dennoch straffrei. Auch wenn kaum jemand die unverändert unangenehme Wahrheit hören mag: Es greift nicht zu hoch, das als politische ethisch-moralische Bankrotterklärung zu bezeichnen. Wie eigentlich können auf Zeit gewählte Politiker vor ihrem Gewissen dafür dauerhaft die Verantwortung übernehmen?
Freiheit kann doch niemals bedeuten, frei zu sein von Verantwortung, Freiheit bedeutet, das vor Gott Vertretbare nach bestem Wissen und Gewissen zu tun.
Babyklappen weisen immerhin einen Rettungsweg aus tiefer Menschen-Not. Wie tröstlich zu wissen, dass es sie gibt.

Artikel vom 30.07.2005