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Mit Ovationen
verabschiedet

»Lohengrin«-Premiere in Bayreuth

Von Stephan Maurer
Bayreuth (dpa). »Nun sei bedankt, mein lieber Schwan«, heißt es für den »Lohengrin«. Die Inszenierung von Keith Warner wird nach sieben Jahren vom Spielplan verschwinden. Bei der Premiere am Dienstagabend nahm das Publikum mit Ovationen Abschied.

Stehend feierte es minutenlang die Sänger, allen voran Peter Seiffert in der Titelrolle und Petra-Maria Schnitzer als seine Gemahlin Elsa. Obwohl die beiden auch einige schwächere Momente hatten, zeigten sie sich in den entscheidenden Szenen doch voll auf der Höhe. Die Gralserzählung meisterte Seiffert kraftvoll und mit großer Textverständlichkeit. Petra-Maria Schnitzer artikuliert ebenfalls ausgezeichnet. Ihre Elsa ist facettenreich und emotional, wenn auch in den Spitzentönen manchmal etwas schrill.
Gut aufgelegt zeigten sich auch die Gegenspieler des Paares, Linda Watson als dämonische, von Rache beseelte Ortrud und Hartmut Welker als ihr schwächlicher Gemahl Telramund. Reinhard Hagen als König Heinrich und Roman Trekel als Heerrufer komplettierten ein auf ordentlichem Festspielniveau singendes Ensemble. Donnernden Applaus heimste wie gewohnt der von Eberhard Friedrich glänzend vorbereitete Chor ein, der seinen ersten großen Einsatz bei den Festspielen absolvierte. Eher unauffällig und ohne erkennbare Akzente führte Dirigent Peter Schneider das Festspielorchester.
Keith Warners Inszenierung hat nichts von ihrer Frische verloren, ist im Gegenteil mit den Jahren noch ausgereifter geworden. In beeindruckenden Bühnenbildern von Stefanos Lazaridis, in die insbesondere die großen Chorszenen ausgezeichnet integriert sind, entwickelt sich das Stück als ein Psychokrieg zwischen Elsa und Ortrud, die Elsas dunkle Seite verkörpert. Elsa hadert mit dem grausamen Frageverbot - sie darf den Namen ihres Geliebten nicht erfahren - und scheitert. Zu tief ist die Kluft zwischen ihr und dem fremden, in Liebesdingen wenig versierten Schwanenritter. Misstrauen und Argwohn, von Ortrud gesät, siegen am Ende über die junge Liebe.
Festspielchef Wolfgang Wagner sieht die Richard-Wagner-Festspiele für die Zukunft gut gerüstet. »Der Betrieb ist ordentlich geführt«, sagte der 85-Jährige gestern auf der Hauptversammlung der Mäzenatengesellschaft »Freunde von Bayreuth«. »Das Haus ist in sehr gutem Zustand und genügt allen Anforderungen«.
Die für 2006 geplante Neuinszenierung des »Ring des Nibelungen« in der Regie von Tankred Dorst sei konzeptionell fertig. Anfang August sollen die ersten Proben beginnen. Wagner konstatierte ungebrochen großes Interesse der Künstler an einer Mitwirkung bei den Festspielen. Über die Regelung seiner Nachfolge äußerte sich der bald 86-Jährige nicht.

Artikel vom 28.07.2005