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Mehr Jobs bei
Dienstleistern

Bau, Agrar und Staat verlieren

Von Bernhard Hertlein
Nürnberg (WB). Die gestern vorgestellte Langzeitprojektion des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sieht die Zukunft des Arbeitsmarktes düsterer als die Vorgängerstudie 2002. Dies gilt vor allem für die neuen Bundesländer sowie insgesamt die inländische Konjunktur.

Zwar gehen die Forscher noch von einem jährlichen Wirtschaftswachstum von 1,3 Prozent aus. Dies werde aber vor allem vom Export getragen.
Unter den Verlierern auf dem Stellenmarkt der Zukunft sind viele, die auch jetzt schon dauernd weniger Personal beschäftigten. So wird etwa der Anteil derer, die in der Land- und Forstwirtschaft arbeiten, an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen laut IAB von derzeit 2,4 Prozent über 2,1 Prozent im Jahr 2010 auf 1,7 Prozent 2020 zurückgehen.
Das Baugewerbe, in dem noch vor fünf Jahren 7,1 Prozent aller Arbeitnehmer beschäftigt waren, geht bis 2010 auf 5,3 und bis 2020 auf 4,6 Prozent zurück. Deutlich, aber nicht ganz so dramatisch ist die Entwicklung bei der Zahl der Staatsbediensteten: Ihr Anteil, im Jahr 2000 ebenfalls 7,1 Prozent, reduziert sich auf 6,3 bzw. 5,9 Prozent.
Zu den Verlierern gehört auch der Einzelhandel. Heute arbeitet noch jeder Fünfte -Êgenauer: 19,9 Prozent -Êin dem Sektor. 2010 werden es laut IAB 19,6 Prozent und zehn Jahre später 18,7 Prozent sein.
Vorgezeichnet ist die Entwicklung im deutschen Bergbau. Er stellte vor fünf Jahren noch 0,3 Prozent der Erwerbstätigen. 2010 sind es 0,2 und 2020 nur noch 0,1 Prozent. Der gesamte Energiesektor geht von 0,8 Prozent im Jahr 2000 über 0,7 Prozent 2010 auf 0,5 Prozent 2020 zurück.
Auf der Gewinnerseite sieht die Studie nach Angaben des Nürnberger Arbeitsmarktforschers Gerd Zika den Dienstleistungssektor. Besonders unternehmensbezogene Dienstleistungen wie Software-Installationen, Markt- und Meinungsforschung, Ingenieurleistungen und Marketing hätten gute Aussichten. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen, der 2000 noch bei 11,4 Prozent lag und heute 12,9 Prozent beträgt, wird über 14,4 Prozent in 2010 auf 18,1 Prozent 2020 steigen.
Parallel wächst auch der Arbeitskräftebedarf für Dienstleistungen im Privaten. Dazu zählt laut Zika als Wachstumsmotor der Pflege- und Gesundheitssektor. Vor fünf Jahren arbeiteten im privaten Dienstleistungssektor 21,1 Prozent. Von derzeit 22,6 Prozent erwartet das IAB einen Anstieg auf 23,8 Prozent 2010 und 26,1 Prozent 2020. Dann würden insgesamt 44,2 Prozent im Dienstleistungssektor arbeiten -Êim Vergleich zu 15,8 Prozent im verarbeitenden Gewerbe, das derzeit noch 20,3 Prozent beschäftigt.
Zu den Voraussetzungen, unter den das IAB seine Berechnungen anstellte, gehört, dass das Rentenalter von derzeit 65 Jahren nicht erhöht wird. Eine Veränderung hätte nach Auffassung Zikas zwar den positiven Effekt, dass die Rentenkasse und damit die Lohnnebenkosten entlastet würden. Negativ aber würden die länger arbeitenden Älteren gleichzeitig Arbeitsplätze für die Jüngeren blockieren.

Artikel vom 28.07.2005