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Vermeidbare Katastrophe

Haftstrafe nach Flammeninferno im Montblanc-Tunnel

Grenoble (dpa). Die Bilder vom Flammeninferno gingen um die Welt: Im Prozess um die Feuerkatastrophe im Montblanc-Tunnel mit 39 Toten verhängte ein französisches Gericht gestern zumeist Bewährungsstrafen gegen die Verantwortlichen für die Sicherheit.
Nur der Sicherheitschef der französischen Tunnelgesellschaft, Gérard Roncoli (62), muss für sechs Monate ins Gefängnis. Das Gericht verurteile Roncoli zu zweieinhalb Jahren Haft, davon zwei Jahre auf Bewährung. Diese Strafe ging über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinaus, die für alle Angeklagten Bewährungsstrafen gefordert hatte. In dem Verfahren um eine der schlimmsten Katastrophen in einem Straßentunnel mussten sich insgesamt 16 Beschuldigte wegen fahrlässiger Tötung verantworten.
Der Vorsitzende Richter Renaud Le Breton de Vannoise sagte, »diese Katastrophe wäre vermeidbar gewesen«. Der damalige Präsident der französischen Tunnelgesellschaft ATMB, Rémy Chardon (57), erhielt zwei Jahre Haft auf Bewährung und der Fahrer des Lastwagens Gilbert Degrave (62) ebenfalls eine Bewährungsstrafe von vier Monaten.
Der mit Mehl und Margarine beladene Kühltransporter Degraves war am 24. März 1999 in der Mitte des 11,6 Kilometer langen Tunnels zwischen Frankreich und Italien in Brand geraten. Die meisten Opfer, die in ihren Fahrzeugen hinter dem Lkw blockiert waren, erstickten in giftigen Rauchschwaden.
Die Hinterbliebenen, die während des Prozesses mehrfach harte Strafen gefordert hatten, zeigten sich nach dem Urteil zufrieden. »Die Strafen waren ausgewogen«, sagte ihr Anwalt. Alle, die die mangelnde Sicherheit des Tunnels zu verantworten hatten, seien bestraft worden. »Es wurde kein Sündenbock herausgepickt.«
Am Tag des Dramas hätte rasches und entschiedenes Handeln Dutzende Menschenleben retten können. Es vergingen neun kostbare Minuten, bis die Ampeln an den Enden des 11,6 Kilometer langen Tunnels auf rot geschaltet wurden. Wäre das früher passiert, hätten nach Angaben der Experten mindestens acht, möglicherweise aber bis zu 22 Menschen gerettet werden können.

Artikel vom 28.07.2005