28.07.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Toter Säugling lag im Altglas

Baby hat nach seiner Geburt noch gelebt - Mordkommission ermittelt

Von Wolfgang Wotke
Gütersloh/Harsewinkel (WB). Das in Marienfeld (bei Gütersloh) gefundene tote Baby ist kurz nach der Geburt getötet worden. Das hat die gestrige Obduktion ergeben. Die genaue Todesursache konnten die Gerichtsmediziner aus Münster (noch) nicht ermitteln.
Der Bielefelder Staatsanwalt Klaus Metzler (l.) und Kriminalhauptkommissar Ralf Gelhot ermitteln im Babymord.
Auf diesem Fließband (im Hintergrund) entdeckte ein Arbeiter die Einkaufstüte mit dem toten Säugling. Er zog sofort die Not-Leine.

Wie berichtet, hatte ein Arbeiter des Recyclingunternehmens Reiling in Harsewinkel-Marienfeld am Dienstagabend gegen 18.30 Uhr einen grausigen Fund gemacht: Beim Sortieren von Altglas auf einem Fließband fand er eine blau-weiße Aldi-Plastiktüte mit der Leiche eines neugeborenen, unbekleideten Jungen.
Staatsanwalt Klaus Metzler gab gestern Nachmittag die ersten Obduktionsbefunde bekannt. Demnach stehe fest, dass der Säugling nach einer Frühgeburt selbstständig geatmet und kurze Zeit gelebt habe. »Als Todeszeit nach der Entdeckung nehmen wir maximal 48 Stunden an«, sagte Metzler. Eine klare Todesursache sei nicht eindeutig festzustellen, jedoch wurden Spuren stumpfer Gewalteinwirkung im Kopfbereich des Kindes gefunden.
Metzler: »Der Junge wog 1500 Gramm, war 41 Zentimeter lang, hatte helle Hautfarbe, dunkle Haare und eine normale Körperentwicklung. Die Nabelschnur wurde unprofessionell entfernt.« Mehrere Schnittwunden am Kopfbereich seien erst nach Eintritt des Todes durch die Glasscherben im Container oder auf dem Förderband entstanden.
Die sichergestellte Plastiktasche sei zur weiteren Spurensuche zum Landeskriminalamt nach Düsseldorf geschickt worden. Detaillierte Gewebeuntersuchungen durch Spezialisten sollen die Todesursache zumindest eingrenzen. »Die Gerichtsmediziner haben bisher nur Vermutungen«, erklärte der Staatsanwalt während einer Pressekonferenz in Gütersloh.
Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand muss das tote Baby mit der Lieferung eines Altglascontainers mit dem Lkw zur Sortieranlage nach Marienfeld gebracht worden sein. 61 Kubikmeter Weiß-Altglas, so ein Mitarbeiter der kooperierenden Recyclingfirma, befanden sich in diesem Behälter, das aus 14 Sammelbereichen stammt: Hamm, Bergkamen, Rheine, Steinfurt, Gütersloh, Harsewinkel, Versmold, Borgholzhausen, Halle-Bokel, Brockhagen, Rietberg, Neuenkirchen, Westerwiehe und Druffel. »Diese Städte und Gemeinden kommen als Ablageort des Kindes in Frage«, meint der Leiter der Bielefelder Mordkommission Ralf Gelhot. Die Polizei fragt jetzt die Bevölkerung: Wo gibt es eine Frau, die schwanger war und plötzlich kein Baby mehr hat? Gibt es jemanden, an den sich eine Frau gewandt und nach einer Entbindung um Hilfe ersucht hat?
Bislang weiß niemand, welches Drama hinter diesem Fall steckt. Gelhot: »Wir machen der Mutter das Angebot einer vertrauensvollen Zusammenarbeit.« Hinweise und Angaben unter Telefon 0521-54 50 oder 05241-86 90.

Artikel vom 28.07.2005