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Langfinger im Fundbüro

Warentester beklagen Unterschlagung von Geld

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). In Fundbüros verschwindet Geld und landet offenbar in den Taschen der Mitarbeiter. Die »Stiftung Warentest« sprach gestern nach einer Überprüfung von 21 Fundbüros von Unterschlagung und einem Fall für die Polizei.

63 Geldbörsen, Brief- und Bauchtaschen gaben Mitarbeiter der »Stiftung Warentest« in 21 Fundbüros der Großstädte Berlin, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg und München ab. Als die vermeintlichen Besitzer ihre Habe abholen wollten, erklärten ihnen Mitarbeiter der Büros, sie könnten zehn Gegenstände nicht finden. Und in vier Fällen fehlte ein Teil des Geldes. Im Fundbüro der Deutschen Bahn in Düsseldorf sei eine Geldbörse mit 28,20 Euro verschwunden, bei der Abgabestelle der Rheinbahn in der Landeshauptstadt hätten 25 Euro gefehlt, teilten die Tester mit. Die Überprüfung werfe ein schlechtes Licht auf die Branche.
Düsseldorf bekam am häufigsten die Note »mangelhaft«, weil auch im Fundbüro des Flughafens zwei Taschen mit zusammen 60,60 Euro weggekommen seien. Als Testsieger stellte sich Dresden heraus: mit zwei Mal »gut« und ein Mal »ausreichend«.
»Das Ausfüllen einer Fundanzeige muss Standard werden, damit der Weg eines verlorenen Gegenstandes lückenlos dokumentiert werden kann«, sagte Jürgen Armbrecht von »Stiftung Warentest« dieser Zeitung. Sowohl am Düsseldorfer Flughafen als auch bei der Deutschen Bahn werde auf eine Fundanzeige verzichtet. Bei den städtischen Fundbüros in Berlin sei dies dagegen Pflicht. Wenn Scheine aus einer Geldbörse gefischt werden, handele es sich nicht um ein Kavaliersdelikt, betonte Armbrecht: »Das ist Unterschlagung.« Ehrliche Finder und ehrliche Mitarbeiter - diese Gleichung geht nach Armbrechts Erfahrungen nicht immer auf.
Die Deutsche Bahn wies die Kritik von »Stiftung Warentest« zurück. Sprecher Gerd Felser: »Wenn der Finder zu uns kommt, wird ein Protokoll erstellt und der Finder bekommt eine Quittung.« Daraus gehe der Zustand, die Farbe und der Inhalt der Geldbörse hervor. Außerdem würden die Fundstücke, von denen allein am Düsseldorfer Bahnhof jedes Jahr 3500 zusammen kämen, in den PC eingegeben und könnten dann von jedem Bahnhof aus gesucht werden. Die WDR-Wirtschaftsredaktion fragte gestern in Bielefeld und 13 anderen Fundbüros in NRW nach, wie die Mitarbeiter mit abgegebenen Gegenständen verfahren. Frank Christian Starke fasste die Ergebnisse so zusammen: »Das Bemühen, alles richtig zu machen, ist sicherlich da.«

Artikel vom 29.07.2005