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»Freaky sah er aus und verlebt«

Spielzeithefte der Philharmoniker und des Theaters sind ein Hingucker

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Mozart ist in aller Munde. Aktuell, weil die just angelaufenen Salzburger Festspiele die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Stetig, weil seine Musik integraler Bestandteil des Kulturlebens ist, und künftig, weil der 250. Geburtstag des großen Salzburger Sohns im Jahr 2006 vielerorts groß gefeiert werden soll.

Auch das neue Spielzeitheft der Bielefelder Philharmoniker trägt dem Andenken Mozarts und dem anstehenden Jubiläum auf spezielle Art und Weise Rechnung.
Los geht's mit einem Souvenir-Shop: Mozart als Hampelmann. Als Büste in Schneekugeln. Mozarts Konterfei ziert Golfbälle wie Streichholzschachteln, Feuerzeuge wie Briefköpfe. Sein Porträt findet sich auf Porzellan aller Art, auf Flaschenöffnern und Teelöffeln. Vornehmlich aber die Schokoladenindustrie hat den Komponisten gewinnbringend vermarktet. So hat der Salzburger, der in einem Armengrab in Wien sein Ende fand, Spuren hinterlassen, die weder mit seinem Leben noch mit seinem Werk in Zusammenhang stehen.
Ironie des Schicksals, dass nicht nur der Salzburger Mozarttaler aus dem Hause Spuren stammt, sondern auch Bielefelds neuer Intendant, Michael Heicks, seine erste Bielefelder Spielzeit unter das Thema »Spuren« gestellt hat. Die Spielhefte des Theaters und der Philharmoniker liefern unter jenem Tenor interessante Einblicke: mal kritisch, mal entlarvend, mal extravagant. In jedem Fall aber sind sie intelligent und ansprechend gestaltet.
Ganz in Weiß kommt das Spielzeitheft der Bielefelder Philharmoniker im neuen, handlicheren Format daher. Lediglich ein angeknabberter Mozarttaler ziert das Titelbild. Wer weiter blättert, erliegt zunächst dem Eindruck, einen Übersichtskatalog mit Mozart-Souvenirs in den Händen zu halten. Auf 32 Seiten präsentiert das Heft ein umfassendes Angebot des Klüngels und Kitsches rund um Mozart.
Erst danach beginnt die musikalische Spurensuche. »Wie soll man ihn (Mozart, Anmerkung der Redaktion) feiern und muss man ihn überhaupt feiern?«, fragt Generalmusikdirektor Peter Kuhn in seinem Gruß an die Musikfreunde der Stadt. Dananch kommen bekannte und weniger bekannte Persönlichkeiten zu Wort, die ihre persönliche Sicht auf Mozart und dessen Musik preisgeben.
Aufmerken lässt in diesem Zusammenhang eine Umfrage unter Studenten der Universität Bielefeld: »Freaky sah er aus und verlebt, mit einer dieser verrückten Perücken.« Oder noch besser: »Unvergessen sein Stück ÝFür EliseÜ, das schon im Musikunterricht eine wichtige Rolle spielte.« Der Musikunterricht aber offensichtlich nicht für den Interviewten.
Den Bogen zur kommenden Spielzeit schlagen Schwarz-Weiß-Fotografien, die ungewohnte Einblicke in den Probenalltag geben. Zum Teil wurden in großen Lettern Zitate in die Fotos gesetzt, die Bezug nehmen auf das jeweilige Konzertprogramm. Alles in allem eine gelungene Arbeit und ein Heft, in dem es auch nach mehrmaligem Durchblättern und Schmökern immer noch Neues zu entdecken gibt.
Kongenial fügt sich das Spielzeitheft des Theaters ins Bild. Fußabdrücke im frischen Estrich des in Renovierung befindlichen Stadttheaters zieren das Coverbild. Auf den folgenden 144 Seiten wird der Umbau zum zentralen Motiv der fotografischen Gestaltung erhoben, die spektakuläre Einblicke in das Innere des Stadttheaters bietet. Die Künstler finden sich nicht wie in den Jahren zuvor brav porträtiert im Anhang wieder, sondern präsentieren sich in Abendrobe und Pose inmitten der Theaterbaustelle. Besonders die Bilder mit den Mitgliedern der neuen Tanzcompagnie rund um Gregor Zöllig sind spektakulär.
»Das Theater Bielefeld formuliert mit seinem neuen Programm in den drei Sparten Musiktheater, Schauspiel und Tanztheater, mit seinen Künstlern und seinem Profil den Anspruch, als Theater für Bielefeld in die Stadt hineinzuwirken und zugleich künstlerisch über die Stadt hinauszuweisen. Auf diesem Weg wollen wir zu einer stärkeren Öffnung in der Zusammenarbeit der Sparten untereinander kommen, um die Potenz der einzelnen Ensembles und die Kraft der sie prägenden Künstler noch konsequenter zu nutzen«, schreibt Michael Heicks im Vorwort. Dem trägt auch das neue Theaterlogo Rechnung. Der stilisierte, aus drei Einzelstücken leicht versetzt zusammengesetzte Kreis steht sowohl für die drei Sparten als auch für ihre Öffnung.
Nach so viel Vorgeschmack darf man gespannt der neuen Spielzeit entgegensehen. Spielzeithefte gibt's von sofort an kostenlos bei der Touristinformation im Neuen Rathaus am Niederwall 23.

Artikel vom 27.07.2005