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Bleibt das Fenster verschlossen?

Burkhard Budde ist evangelischer Pfarrer.

Die Fliege sieht den Garten mit den schönen Blumen. Sie will ins Freie. Sie kämpft. Sie hofft. Sie putzt sich. Sie ruht sich aus. Und sie kämpft wieder.
Und sie versteht doch nicht, dass sie keine Chance hat. Ihre Kräfte erlahmen. Immer mehr. Für immer. Ohnmächtig und einsam bleibt sie auf dem Fensterbrett liegen. War das die Hölle der Sinnlosigkeit und Ohnmacht?
Hoffnung kann auch krank machen. Aber ist ein Mensch nicht mehr als eine Fliege?
Manchmal wird ein Mensch vertröstet. Auf bessere Zeiten und auf bessere Orte. Auf das Schlaraffenland jenseits der Wirklichkeit. Aber was ist, wenn ein Mensch hier und jetzt Trost und Hilfe braucht?
Manchmal werden Widerstände, Anfechtungen und Anfeindungen verharmlost. Aber was ist, wenn ein Mensch sich unverstanden fühlt? Manchmal wird ein Mensch auch (denk-) faul. Andere Menschen oder die Wissenschaft werden es wohl richten. Aber was ist, wenn alles nur noch schlimmer wird?
Manchmal wird ein Mensch übermütig.  Aber  was  ist,  wenn
Momentmal! man auf die Nase fällt und im Jammertal liegen bleibt? Neue Hoffnung entsteht, wenn ein Fenster geöffnet wird. Nicht laut. Nicht mit Gewalt. Nicht automatisch. Wie genau und wann auch immer. Diese realistische Hoffnung sucht neue Möglichkeiten in der Unmöglichkeit. Und kann als christliche Hoffnung zugleich darauf warten, dass Gott die Unmöglichkeit in eine neue Möglichkeit verwandelt. Die Weite und die Vielfalt des Gartens bleiben. Enge und Einfalt können überwunden werden.
Vielleicht nur für einen Spalt, für einen Augenblick. Aber der Glaube hofft auf ein geöffnetes Fenster. Und Gott hat schon gehandelt.
Burkhard Budde

Artikel vom 27.07.2005