27.07.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Zwei niedliche Bären im Schafspelz

Norbert und Degget werden mit der Flasche aufgezogen - Im Wohnwagen gefunden

Von Wolfgang Wotke
Gütersloh-Friedrichsdorf (WB). Norbert und Degget, die niedlichen, kleinen Waschbären, sind albern, frech und fauchen schon bedrohlich, wenn ihnen ein Fremder zu nahe kommt. Sie tapsen tollpatschig und schnuppernd durch die Wohnstube von Elke Schierl in Gütersloh-Friedrichsdorf. »Es gibt keine Blumen mehr. Die haben sie alle probiert«, sagt Tochter Selina. Die drolligen Bären, ganze elf Wochen alt, werden liebevoll mit der Flasche aufgezogen.
Auf dem Swimmingpool und auf der Luftmatratze fühlen sich die beiden Waschbärbabys Norbert und Degget am wohlsten. Sie sind ausgezeichnete Schwimmer. Fotos: Wolfgang Wotke
Viermal pro Tag gibt es die Flasche von Selina Schierl: Da ist Norbert richtig glücklich.

Es war Ende Mai, als eine junge Familie die Waschbärbabys auf einem Campingplatz am Edersee zufällig entdeckte. »Hinter einer Zwischenwand ihres Wohnwagens steckten sie fest, wimmernd, die Augen noch fest geschlossen. Von den Eltern weit und breit keine Spur«, berichtet Elke Schierl. Die Urlauber hatten großes Mitleid, zeigten Herz und brachten ihr die süßen Bärchen nach Friedrichsdorf. Denn: die gelernte Tierarzthelferin (47) hat reichlich Erfahrung mit Waisen-Tierkindern. »Seit 25 Jahren mache ich das. Ich habe schon junge Elstern, Dohlen, Kautze und Chinchillas aufgepäppelt.« Zusammen mit ihrer Tochter Salina (20) zieht sie jetzt auch Norbert und Degget mit Katzenmilch auf. Damit sie groß und stark werden, bekommen die putzigen Waschbären gequirlte Frühkarotten, wie Menschenbabys. Selina Schierl: »Die sind ganz verrückt danach.«
Als »Nobby« und »Deggi« gefunden wurden, wogen sie ganze 350 Gramm. Heute bringen die beiden »Schlawiner« schon 3,5 Kilo auf die Waage. Die possierlichen Nager haben nur Blödsinn im Kopf. »Unser Bücherregal wurde komplett ausgeräumt, die Gardinen sind teilweise zerfetzt, im Aquarium wird geangelt und sämtliche Zipfel unserer Kissen sind abgeknabbert«, berichtet Elke Schierl und warnt: »Ein Waschbär ist kein Haustier. Zunächst ist er ein niedlicher Hausgenosse. Doch wehe, er wird geschlechtsreif. Dann verwandelt sich so manches Kuscheltier über Nacht in eine Furie. Sie greifen dann sogar Menschen an.« Übrigens: im Raum Kassel sind die Waschbären längst zu einer Plage geworden.

Artikel vom 27.07.2005