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Holland fordert
den Seriensieger

Dressur-EM: Schmidt ist optimistisch

Hagen a.T. (WB/dpa/o.k.). Eine der längsten internationalen Siegesserien für deutsche Sportler wackelt.

Ausgerechnet die Dressur-Stars fürchten bei der 22. Europameisterschaft von heute bis Sonntag in Hagen am Teutoburger Wald um ihre jahrzehntelange Vorherrschaft. Seit 1965 haben sie 20 Mannschaftstitel in Folge gewonnen - nur bei der ersten EM im Jahre 1963 siegte Großbritannien. Doch diesmal gilt beim Heimspiel das Nachbarland Niederlande mit »Dressurkönigin« Anky van Grunsven, die zum zweiten Mal nach 1999 Einzel-Europameisterin werden will, als gleichwertig.
»Wir sind eine fantastische Mannschaft, und wir werden bis zum Umfallen kämpfen«, kündigte die zweimalige Team-Weltmeisterin Ann-Kathrin Linsenhoff dem Oranje-Quartett großen Widerstand an. Auch Bundestrainer Holger Schmezer weiß, dass bei Osnabrück ein dramatischer Zweikampf auf seine neu formierte Equipe wartet. Aber der 58-jährige Coach ist optimistisch und beschwört den Teamgeist: »Wir haben erfahrene Reiter mit starken Nerven, denen man fest vertrauen darf, und gute Pferde, die sich schon oft bewährt haben.«
Mannschafts-Olympiasiegerin Heike Kemmer (Winsen/43) mit Bonaparte, Team-Senior Klaus Husenbeth (Sottrum/49) mit Piccolino und Hubertus Schmidt (Borchen/45) mit Wansuela Suerte, der im vorigen Jahr auch zur deutschen Gold-Equipe in Athen gehörte, bilden mit der championatserprobten Ann-Kathrin Linsenhoff (Kronberg/Taunus/45) das deutsche Team. Linsenhoff reitet den zehnjährigen Wallach Sterntaler, der in diesem Jahr in atemberaubendem Tempo in die erste Reihe stürmte. Zufrieden mit seiner Stute ist auch Hubertus Schmidt: »Mein Ziel im Einzel ist es unter die ersten fünf zu kommen. Dass ist mir zwar bei Olympia 2004 auch schon gelungen, aber die Leistungsdichte ist so eng, dass vier oder fünf, die in Athen hinter mir lagen, bei einem schlechten Tag von mir vorbeiziehen können. Wenn es aber gut laufen sollte, ist vielleicht sogar mehr drin. Die Vorbereitung in Warendorf verlief optimal.«
Die Niederländer rechnen sich auf dem Reiterhof Kasselmann am Teutoburger Wald Siegchancen aus, wenn ihre Pferde und Reiter gesund bleiben. Neben Anky van Grunsven mit Keltic Salinero zählt der Weltcup-Zweite Edward Gal mit Gestion Lingh zu den Stützen. Aber auch der ehemalige deutsche Meister Sven-Günter Rothenberger, der 1991 in Donaueschingen die Kür-EM für Deutschland gewann, gehört wieder zur niederländischen Equipe. Schmidt: »Dieses Jahr wird es wirklich so schwer wie nie, wir sind nicht der eindeutige Favorit. Das unterstreichen auch die Einzelergegebnisse der Niederländer bei den großen Turnieren.«
Das Kasselmann-Team übernahm die Ausrichtung des 600 000 Euro teuren Championats erst vor knapp drei Wochen, als das Debakel des organisatorisch und finanziell überforderten russischen Verbandes offenkundig geworden war. Die Niedersachsen bewahrten damit die Internationale Reiterliche Vereinigung (FEI) vor einem Scherbenhaufen. Der Optimismus der neuen Organisatoren ist groß und bewundernswert. »Wir haben in ganz wenigen Tagen sehr viele Sponsoren gewinnen können, die uns helfen, die Meisterschaft ordentlich durchzuführen. Wir werden es schaffen. Das ganze Osnabrücker Land hilft uns«, sagte Ullrich Kasselmann.

Artikel vom 27.07.2005