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Mehr Gärtner
für Deutschland

IHK sieht Kombilöhne zwiespältig

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Deutschland muss sich mehr Gärtner, Pförtner und Chauffeure gönnen. Das fordert der Geschäftsführende Gesellschafter des Bielefelder Instituts für Management-Entwicklung (IME), Horst Bastian.
Staat zahlt Sozialbeiträge, schlägt Horst Bastian vor.

»Der Mittelstand allein ist damit überfordert, Arbeitsplätze zu schaffen, neue Jobs müssen auch von den Großunternehmen kommen«, sagte Bastian dieser Zeitung. Das Institut für Management-Entwicklung (IME) gehört zu den führenden Beratungs- und Weiterbildungseinrichtungen in Deutschland. Es betreibt sechs Büros in Deutschland und hält etwa 1500 Veranstaltungen im Jahr ab.
Früher habe jeder Direktor einen Fahrer und eine Empfangsdame gehabt, sagte Bastian: Heute greife der Chef selbst zum Lenkrad und dort, wo sonst eine nette Dame im Foyer wartete, lägen inzwischen Telefonlisten. Damit die Firmen den Anreiz verspüren, wieder Hilfskräfte einzustellen, müsse der Staat ihnen steuerlich entgegenkommen.
Bastian schlägt vor: Ein Arbeitgeber bekommt einen arbeitslosen Gärtner für 1500 Euro netto im Monat. Drei Jahre lang übernimmt der Staat die Beiträge für die Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung und befreit die Unternehmer von den Sozialabgaben. Was die Bundesagentur für Arbeit zahle, spare sie im Gegenzug durch den Wegfall von sozialen Hilfen wie Wohngeld wieder ein. Bis zu einer Million neuer Jobs ließen sich so schaffen.
Die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld hält den IME-Vorschlag zu einer Art Kombilohn für eine »gute Möglichkeit, gering Qualifizierte in Lohn und Brot zu bringen«. Allerdings, schränkt der Referent für Industrie und Volkswirtschaft, Arne Potthoff, ein: »Der Kombilohn bringt zunächst nicht mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Das ist jedoch unser Grundproblem. So ist allein in Ostwestfalen die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 2000 auf 2004 um über 36 000 auf 575 600 gesunken.«
Keinesfalls dürfe es zur Verdrängung von regulärer sozialversichungspflichtiger Beschäftigung kommen, warnt Potthoff. Horst Bastian vom IME sieht in der »Neid-Mentalität« ein Hindernis für die Einführung von Kombilöhnen: »Wir achten nur auf die Kleinen. Aber wenn die Größeren viel Geld verdienen, können sie luxuriöser leben, sich einen Gärtner gönnen und einstellen.« Dass Hilfskräfte gesucht werden, zeigt die Statistik der Minijob-Zentrale in Bochum. Demnach erhöhte sich die Zahl der angemeldeten Putzhilfen binnen eines Jahres um 65 Prozent auf jetzt 111 000.

Artikel vom 05.08.2005