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Immer für andere Menschen da sein

Die pensionierte Schulleiterin Elke Kobusch im Brackweder Erzählcafe. Foto: Nora Bax

Elke Kobusch berichtet im Erzählcafé über ihren »roten Faden« im Leben


Brackwede (bax). Wenn die Großmutter anfing zu backen, lief der kleinen Elke und den Nachbarskindern schon das Wasser im Mund zusammen. Denn das hieß, kurze Zeit später gab es dicke Scheiben Vollkornbrot mit Butter und Rübenkraut. Ein ungewohntes Festmahl für alle Kinder in der Nachkriegszeit. Nicht so ganz ungewöhnlich für Elke Kobusch, wuchs sie doch nach dem zweiten Weltkrieg auf einem Bauernhof auf. »Trotz allem war es ein hartes Leben«, erinnert sich die heute 63-jährige. Im Erzählcafé des Treffpunkt Alter der Brackweder Bartholomäuskirchengemeinde berichtete die pensioniertes Schulleiterin einem interessierten Publikum aus ihrem abwechslungsreichen Leben.
1942 in Theesen geboren, wuchs Elke Kobusch zusammen mit ihrer Mutter und ihren Großeltern auf einem Bauernhof auf. Ihren Vater lernte sie nie kennen, er kam im Krieg ums Leben. Obwohl sie schon früh auf dem Hof mit anpacken musste, kann Elke Kobusch auf eine heitere Kindheit zurückblicken. Vergnügliche Spiele mit den Nachbarskindern bestimmten ihr Leben. Ob Baden im See und Verstecken spielen auf dem Heuboden im Sommer, oder Schlittschuhlaufen auf dem zugefrorenen See im Winter, »auf dem Bauernhof gab es immer was zu erleben«, erzählt sie.
Das Motto ihres Vortrags »Für Menschen da sein« zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben der ehemaligen Lehrerin. Am Beispiel ihrer Großmutter lernte sie früh, Anderen zu helfen. Nach der erneuten Heirat ihrer Mutter 1952 war sie nachmittags nach der Schule für ihre beiden jüngeren Geschwister verantwortlich. »Meine kleine Schwester nahm ich überall hin mit. Meine Mutter gab mir immer 10 Eier mit, wenn ich meine Freundinnen besuchte - um deren Mütter nach möglichen Untaten meiner Schwester zu beruhigen«, schmunzelt Elke Kobusch über diese Geschichte.
Nach ihrem Lehrerstudium von 1962 bis 1965 an der Pädagogischen Hochschule Bielefeld unterrichtete sie an verschiedenen Grundschulen im Kreis Bielefeld. Den »Partner fürs Leben« lernte sie während des Studiums kennen. 1964 heiratete sie ihren Mann und zog mit ihm zusammen zwei Söhne groß.
An der Grundschule Sudbrack bekam die damals 47-jährige 1989 den Schulleiterposten angeboten. In dieser Anstellung blieb sie bis zu ihrer Pensionierung 2003 und war verantwortlich für viele Erneuerungen in der Schulstruktur. So setzte sie sich besonders für die zahlreichen Migrantenkinder der Schule ein. Die Kinder aus früheren Kriegsgebieten wie Kroatien, Irak, Iran und der Osttürkei wurden in separaten Klassen unterrichtet, um ihnen zunächst einmal die deutsche Sprache beizubringen. Dies geschah mit großem Erfolg Jahrgangsübergreifend von Klasse eins bis vier. »Da bin ich gerne gewesen und habe geholfen«, erinnert sich Elke Kobusch an diese schwierige Aufgabe. Parallel zur Beschulung der Migrantenkinder kümmerte sie sich ebenfalls um Sprachkurse für die Eltern, die jedoch leider nicht ganz so erfolgreich waren.
Auch eines ihrer Projekte als Schulleiterin war die Abschaffung der Zeugnisnoten in den dritten Klassen 1992/93. »Kinder können besser in Sätzen beurteilt werden, als in einer nackten Zensur«, ist sich die Schulleiterin im Ruhestand auch heute noch sicher.
Ihr Engagement für andere Menschen setzt Elke Kobusch auch nach ihrer Pensionierung fort. Heute ist sie im Hospizbereich des Johanniswerks tätig. »Alte Menschen sprechen mich an«, erklärt sie den Sprung von Kindern zu Senioren, »ich möchte sie auf ihrem letzten Weg begleiten.« Zusammen mit zwei anderen Helfern hat Elke Kobusch eine Trauergruppe für verwitwete Menschen gegründet.Als Mitarbeiterin im Ehrenamt hilft sie dort Trauernden, den Verlust des Partners zu verarbeiten.
Dass die pensionierte Schulleiterin auch vielen Menschen schon unwissentlich geholfen hat, merkt sie, als sich viele Zuhörer nach dem Erzählcafé für ihre Dienste bedanken. Die zu Beginn des Vortrags zweifelnde Frage, ob sie dem Motto »Für Menschen da sein« denn auch gerecht würde, ist damit wohl beantwortet.

Artikel vom 29.07.2005