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Beerbaum hatte Gänsehaut

Außenseiter Marco Kutschers besonderer EM-Genuss

San Patrignano (dpa). Auf einer riesigen Leinwand in seinem Rücken flimmerte am Abend noch einmal der Siegesritt. Vergnügt verfolgte Marco Kutscher seine elegante Vorstellung im Stangenwald und seine unbändige Freude nach dem Gewinn der Europameistschaft.

»Das war Genuss pur. Es hat total Spaß gemacht, mir selber noch einmal zuzuschauen«, sagte der 30-jährige Springreiter. Und schelmisch fügte er an: »Ich wusste ja, wie es ausgeht.«
Eine Stunde zuvor liefen die gleichen Bilder auf den beiden Bildschirmen des Reitstadions. Geradezu gerührt stand Ludger Beerbaum alleine auf dem Rasen und schaute der Darbietung seines Schülers zu. »Ich habe eine Gänsehaut«, gestand der fünffache Europameister, der Kutscher 1999 einen Vertrag angeboten und auf seinen Hof im westfälischen Riesenbeck geholt hatte. »Ich bin wahnsinnig stolz auf ihn und glücklich«, sagte er nun.
Kutscher bot in der Tat ein harmonisches Bild mit seinem elfjährigen Hengst Montender, der ihn zwei Tage nach dem Gewinn des Mannschaftstitels auch zum Einzel-Gold trug. »Er ist einfach ein tolles Pferd, das es einem leicht macht«, schwärmte der Doppel- Europameister. Dass Montender eines der mächtigsten Pferde im Feld war, ein im Stall »auch schon mal aggressiver« Hengst, fiel bei den Ritten nicht auf.
»Marco hat ein unheimliches Gefühl«, sagte Beerbaum und versicherte: »mehr als ich.« Bis zur Entdeckung durch Beerbaum war Kutscher ein Außenseiter in der Szene. Der aus Norden in Ostfriesland stammende Kutscher hat eine eher untypische Karriere gemacht, denn er stammt nicht aus einer Pferde-Familie oder von einem Bauernhof. Sein Vater arbeitet bei VW, die Mutter in einer Gärtnerei. »Weil die selber ein bisschen reiten wollten, sind mein Bruder und ich auch damit angefangen.«

Artikel vom 26.07.2005