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Weber mag keine Ärmelparade

Ostwestfälische Hersteller wollen Mode auch in Russland verkaufen

Von Bernhard Hertlein
Düsseldorf/Halle (WB). Russland zieht Ostwestfalens Modemacher an. Gerry Weber (Halle), Windsor (Bielefeld) und Annette Görtz (Gütersloh) planen in Putins Land neue Shops oder sind in Kontakt mit Franchisenehmern.

Neben Moskau und Petersburg bieten sich dabei immer mehr Metropolen als Standorte an. »Russland gibt jetzt richtig Gas«, sagte Gerhard Weber gestern am Rande der Modemesse CPD in Düsseldorf in der von ihm in einem ehemaligen Rheinmetall-Industriegebäude eingerichteten Halle.
Der Vorstandsvorsitzende der Haller Gerry Weber AG sprach von sechs »Houses of Gerry Weber«, die im Verlauf der kommenden sechs Monate in Russland eröffnet würden. Standorte seien unter anderem Kiew und Odessa.
In China, wo sich in Schanghai bereits zwei kleinere Shops auf die Marke spezialisiert haben, plane ein chinesischer Partner das erste große House of Gerry Weber; im Norden in der Drei-Millionen-Einwohnerstadt Dalian. London folge im November, die libanesische Hauptstadt Beirut wenig später. Auch aus den USA liegen Anfragen vor. Doch auf diesem für Ausländer besonders schwierigen Markt hält sich Weber noch zurück: »In drei Jahren sind wir vielleicht soweit.«
Der wachsende Erfolg besonders im Export zieht immer mehr internationale Gäste ins Obergeschoss der Halle 29. Dort sieht Weber nach dem gerade erst abgeschlossenen Einzug der Herforder Ahlers AG mit den anderen Untermietern Brax, Bianca und Repeat das Ende der Fahnenstange keineswegs erreicht. Im Erdgeschoss, wo an diesem Wochenende eine Künstlergalerie eröffnete, sei noch viel Platz für weitere Showrooms.
»Das Interesse anderer Hersteller, auch aus Ostwestfalen, ist groß«, berichtete Weber. Indessen fiebert man in der AG vor allem der neuen Gerry-Weber-Männermode entgegen. Die erste Auslieferung ist für Herbst 2006, die erste Präsentation kurz nach dem Jahreswechsel auf der nächsten CPD geplant. Weber weiß: »Die Erwartungen sind hoch.« Derzeit wird die Kollektion in Halle in Zusammenarbeit mit dem Lizenznehmer Leithäuser erarbeitet. Fest steht: »Gerry Weber wird sich in den Modeabteilungen der Männer nicht mit Ärmelparaden präsentieren.« Statt langer Reihen ähnlich aussehender Anzüge und Jacken eine moderne Optik mit Mut zur Farbe: Jeans, Shirts, Hemden, Strickwaren usw. sollen etwa zwei Drittel, Anzüge und Sakkos ein Drittel des Angebots ausmachen. Außerdem soll die Mode kombinierbar sein: »So kennen uns unsere Kunden von der Damenoberbekleidung.«
Zeitgleich mit der Bekleidung sollen auch die ersten Herrenschuhe der Marke Gerry Weber auf den Markt kommen. Ein spezieller Gerry-Weber-Duft für die Herren soll später folgen. Der Hersteller des Damen-Parfums, die Wella AG, hat sich die Lizenz gesichert.
Die vielfältigen Aktivitäten, zu denen auch noch der Aufbau der hochaktuellen Marke G.W gehört, führen trotz der noch nicht lange zurückliegenden Aufgabe der beiden Labels Yomanis und Court One zu zahlreichen Neueinstellungen. Weber kündigte gestern in Düsseldorf an, dass die AG in diesem Herbst erstmals die Grenze von 2000 Beschäftigten überschreiten wird. Davon arbeiteten dann 1200 am Stammsitz in Halle.
45 Prozent der gesamten Gerry-Weber-Bekleidungsproduktion wird in China hergestellt. Mit Sorge beobachtet Weber deshalb Diskussionen in der Europäischen Union über eine Wiedereinführung Importobergrenzen (Quoten). Der Firmenchef hofft, bei Bundesminister Wolfgang Clement (SPD) auf ein offenes Ohr zu stoßen.
Nach der Übertragung der Logistik auf die Osnabrücker Spedition Meyer & Meyer wurde jetzt im ungarischen Debrecin ein neues Zwischenlager eingerichtet. Als vorgeschobene Drehscheibe, bei der der Wareneingang kontrolliert und die Rohstoffe zur weiteren Produktion zusammengestellt werden, erspart diese Maßnahme Weber zufolge ein hohes Maß an Transportkosten.

Artikel vom 26.07.2005