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FDP will »mutigen Neuanfang«

Kernpunkt des Wahlprogramms ist Steuerreform - Kulturministerium gefordert

Berlin (dpa). Mit ihrem gestern vorgelegten Wahlprogramm strebt die FDP im Falle einer Regierungsübernahme einen »mutigen Neuanfang« an.
Auch die FDP räumt der Schaffung von Arbeitsplätzen erste Priorität ein. In ihrem »Deutschlandprogramm 2005«, das der Bundesvorstand in Berlin bei einer Enthaltung beschloss, bekräftigen die Liberalen ihre Forderungen nach einer radikalen Steuerreform, weit reichenden Reformen der Sozialsysteme und des Arbeitsmarktes sowie einer Stärkung der Bürgerrechte. Neu ist die Forderung, im Bund ein eigenes Kulturministerium einzurichten.
Eine künftige Bundesregierung müsse allem, was Arbeitsplätze schaffe, Vorfahrt geben, sagte FDP-Chef Guido Westerwelle. »Wir sind der Überzeugung, dass in Deutschland eine wirtschaftsfreundliche Politik notwendig ist.« Dies sei auch arbeitnehmerfreundlich.
Kernpunkt des FDP-Programms ist das Steuerkonzept mit nur noch drei Steuersätzen von 15, 25 und 35 Prozent. Für jeden Bürger, auch für jedes Kind, soll es einen Grundfreibetrag von 7700 Euro geben. Ein Ehepaar mit zwei Kindern würde dann bei Ausnutzung des Vorsorgefreibetrages von 7800 Euro erst mit einem Jahreseinkommen von 38 600 Euro Steuern zahlen, rechnete Westerwelle vor. Die FDP verspricht den Bürgern eine Steuerentlastung von 17 bis 19 Milliarden Euro. Radikale Sparmaßnahmen, die Streichung von Subventionen und Steuervergünstigungen sollen die öffentlichen Haushalte um 35 Milliarden Euro entlasten.
Die FDP gibt einer großen Steuerreform mit Stufentarifen in ihrem Wahlprogramm Vorrang vor dem bislang angestrebten Abbau von Ökosteuer und Solidarzuschlag. »Wir haben in unserem Programm festgestellt: Der Abbau von Solidaritätszuschlag und Ökosteuer bleibt weiter auf der Tagesordnung«, sagte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel. »Unser Schwerpunkt ist aber jetzt erstmal das einfache, niedrige und gerechte Steuersystem.« Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Wolfgang Gerhardt, betonte jedoch, die Ökosteuer werde schrittweise zurückgefahren. Mit Blick auf den Solidaritätszuschlag für Ostdeutschland sagte er: »Es bleibt bei dem Solidarpakt, der ja vereinbart ist.«
Im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik will die FDP die Bundesagentur für Arbeit abschaffen und mit dem eingesparten Geld die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um zwei Punkte auf 4,5 Prozent senken.
Einen besonderen Akzent setzen die Liberalen mit ihrer Forderung nach einem Bundeskulturministerium. Die Kultur soll als Staatsziel im Grundgesetz verankert werden. Zur Kreativität einer Gesellschaft gehöre ein Bekenntnis zur Kunst, sagte Westerwelle. Die rot-grüne Regierung hatte erstmals die Kulturpolitik eigenständig im Kabinett verankert. Der Rang der zuständigen Staatsministerin Christina Weiss entspricht dem eines Parlamentarischen Staatssekretärs.
Gerhardt und Niebel signalisierten, dass die FDP nach einem Wahlsieg des bürgerlichen Lagers in Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU zu Kompromissen bereit sei. Der SPD-Finanzexperte Joachim Poß kritisierte die »unsoziale Schieflage« des FDP-Programms. Das Konzept würde zu Steuerausfällen von 25 Milliarden Euro führen. Die Grünen warfen der FDP »Planlosigkeit« vor.

Artikel vom 26.07.2005