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Scharm el Scheich galt als sicher

Spekulationen nach den Attentaten: Al Kaida oder ägyptischer Terror?

Von Ulrike Koltermann
Scharm el Scheich (dpa). Gleich zu Dutzenden hat die ägyptische Polizei nach den verheerenden Terroranschlägen in Scharm el Scheich »Verdächtige« festgenommen.
Ein Polizist trägt Trümmer des Anschlags zusammen.
Kritiker halten das für eine Machtdemonstration. Die Regierung möchte zeigen, dass sie die Lage unter Kontrolle hat. Die im Internet veröffentlichten Bekennerschreiben sind nach Ansicht von Experten mit Skepsis zu betrachten. Sie enthalten keine Einzelheiten über die Anschläge, die auf eine Verbindung zu den Tätern schließen lassen könnten.
Am Tag nach den Attentaten verbreiten sich Theorien über den möglichen Hintergrund unter Ägyptern und Touristen wie nach dem Schneeballsystem. Der Innenminister selbst hat eine Verbindung zu dem Anschlag vom vergangenen Oktober in Taba hergestellt. In diesen Tagen sollen sich die mutmaßlichen Drahtzieher vor Gericht verantworten.
Ägypten hat in den vergangenen Jahren mehrere schwere Anschläge erlebt, jedes Mal hat die Tourismusindustrie darunter stark gelitten. Gemeinsam mit dem Suez-Kanal ist der Tourismus die wichtigste Einkommensquelle für das Land. Es ist völlig offen, ob die Anschläge in Scharm el Scheich auf das Konto einer internationalen Terrororganisation gehen oder ob der Terror hausgemacht ist.
Die ägyptische Regierung hat einigen Grund, die Wut ihrer Gegner zu fürchten. Vor allem die islamistische Opposition blickt mit Abscheu auf die westlich geprägten Urlaubszentren, in denen es vor knapp bekleideten Frauen wimmelt und Israelis gern gesehene Gäste sind. Kritik gab es auch an der Entsendung eines designierten Botschafters nach Bagdad, was in den Augen von Hardlinern der Anerkennung einer mit den USA verbündeten Regierung gleichkam. Der ägyptische Diplomat wurde bald nach seiner Ankunft ermordet.
Besonders schmerzlich ist für die ägyptischen Behörden, dass die Attentäter von Scharm el Scheich an einem Ort zuschlugen, der als einer der sichersten im ganzen Land galt. Hier hat der ägyptische Präsident Husni Mubarak selbst eine Residenz und hat schon häufig zu großen internationalen Konferenzen eingeladen.
Vor den meisten großen Hotels stehen Metalldetektoren, und Wachtleute kontrollieren die Kofferräume der Autos. Wie haben es die Täter geschafft, ausgerechnet dort die großen Mengen Sprengstoff hin zu schaffen? Das lässt manche spekulieren, ob die Attentäter möglicherweise Komplizen im ausgedehnten Sicherheitsapparat selbst hatten.
Für die Touristen, die das Tauchen im Roten Meer und Kameltouren in die Wüste schätzen, macht es keinen Unterschied, wer hinter den Anschlägen steckt. Viele von ihnen sind mit der Gewissheit abgefahren, dass sie nicht mehr auf den Sinai zurückkommen können, wenn sie unbeschwerten Urlaub machen wollen.

Artikel vom 25.07.2005