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Die Bielefelder lieben ihren Tierpark

Olderdissen feiert 75-jähriges Jubiläum - Pro Jahr kommen 400 000 Besucher

Von Caroline Carls
Bielefeld (WB). Sein 75-jähriges Jubiläum feiert der Heimat-Tierpark Olderdissen in diesem Jahr. Vieles hat sich seit der Gründung im Jahr 1930 verändert. Aber das ursprüngliche Ziel des Tierparks, »die heimische Natur für die Besucher erlebbar zu machen«, ist geblieben. Bundesweit einzigartig bleibt auch: Für den Tag und Nacht geöffneten Tierpark wird kein Eintritt erhoben.

Alles fing mit dem Rehkitz »Lisa« an, das der Stadtförster Wilhelm Hornberg im Jahr 1929 mit nach Hause brachte. Seine Frau nahm sich des geschwächten Tieres an und zog es mit der Flasche groß. Nach einiger Zeit standen die Hornbergs vor der Entscheidung, für das Reh, das sich mittlerweile an Menschen gewöhnt hatte, eine geeignete Bleibe zu finden.
So keimte der Gedanke, ein Gehege für heimisches Wild aufzubauen. Nicht ein Zoo im großen Stil sollte es werden, sondern vielmehr ein Natur- und Erholungspark. 1930 schließlich beschloss der Rat der Stadt Bielefeld, einen Heimat-Tierpark auf dem Gelände des alten Meierhofes Olderdissen zu schaffen.
Der Tierpark, der seit 1998 dem Umweltbetrieb der Stadt zugeordnet ist, wurde stets von Förstern geleitet, die zudem für alle städtischen Waldflächen - 2150 Hektar - zuständig sind: Wilhelm Hornberg, Eberhard Frohne, Horst Dreyer, Manfred Neitzke und seit 1993 Volker Brekenkamp.
»Bis heute ist unser Tierpark ein Familienpark geblieben. Generationen waren hier zu Besuch«, betont Haupttierpfleger Hartmut Stiller. Und die begeisterte Tierparkbesucherin Julia Jäger (22) bestätigt: »Als Kind war ich häufig mit meinen Eltern hier. Heute gehe ich mindestens alle zwei Monate eine Runde im Park spazieren.« Aus gutem Grund, denn Olderdissen hat einiges zu bieten: Auf dem rund 15 Hektar großen Gelände - das entspricht etwa 20 Fußballfeldern - mit Teichen, Wiesen und Wäldern finden 430 Tiere, 100 verschiedene Arten, ihren spezifischen Lebensraum.
Charakteristisch für den Tierpark sind die Sing-, Greif- und Wattvögel, ebenso die weiten Gehege und Weiden für die mitteleuropäischen Säugetierarten. Tiere wie Luchse, Wölfe, Steinböcke, Dachse, Füchse, Wildschweine und viele mehr haben in Olderdissen eine Heimat gefunden. So auch die beiden Braunbären »Alma« und »Max«, die seit fünf Jahren den Tierpark um eine Attraktion reicher machen und sich »sehr gut eingelebt« haben, wie Hartmut Stiller versichert. Kein Wunder, bei einem neu angelegten, 7500 Quadratmeter großen Gehege. Mit modernster Sicherheitstechnik ausgestattet, dient es den Bären mit Teichen, Felsen, Grabeflächen, Wiesen, Bäumen und einer »Bärenvilla« als Zuhause.
Solch großzügige Geräumigkeit für die Tiere gab es jedoch nicht immer. »Mitte der siebziger Jahre hielten wir mehr als 850 Tiere auf einem kleineren Gelände als heute«, erzählt Hartmut Stiller. »Ein paar Jahre später fingen wir aber an, den Bestand zu verringern und den Tieren mit größeren Gehegen optimale Bedingungen zu bieten.« Bei der Gestaltung der Anlagen sei darauf geachtet worden, die artspezifischen Verhaltensweisen und die sozialen Bindungen der Tiere zu berücksichtigen, erklärt er. In den letzten zehn Jahren konnten einige Gehege dank zahlreicher Spendengelder umgestaltet werden. Im Zuge der Renovierungsarbeiten wurde auch für die Besucher einiges getan: Das Restaurant wurde umgebaut und in unmittelbarer Nähe ein großer Kinderspielplatz neu angelegt.
Aber nicht nur um die Zoobewohner und -besucher kümmert man sich in Olderdissen, sondern ebenso um verletzte, »wilde« Greifvögel. In der Aufnahmestation werden zum Beispiel seit 1984 Bussarde und Eulen gepflegt, um sie später wieder aussetzen zu können. »Bis heute wurden rund 270 Vögel aufgenommen. Davon konnten mehr als die Hälfte wieder in die Freiheit entlassen werden«, erzählt Hartmut Stiller.
Der 63-jährige Haupttierpfleger ist »seit 30 Jahren jeden Tag mit vollem Einsatz dabei«. Mit neun weiteren Pflegern kümmert er sich um das Wohl der Tiere. Dabei kann er auf zwei entscheidende Fähigkeiten zurückgreifen: seine langjährige Erfahrung und sein Fachwissen. »Angst habe ich keine, aber immer Respekt vor den Tieren«, bemerkt Stiller. Der Umgang mit Tieren liegt ihm im Blut: Mehrere Generationen seiner Familie haben ihre Zeit als Förster im Wald verbracht. »Ich möchte so lange wie möglich Tierpfleger bleiben. Denn es ist nicht nur mein Beruf, sondern vor allem meine Berufung«, sagt er.
Dieses Jahr feiert der Heimat-Tierpark Olderdissen sein 75-jähriges Jubiläum. Die Besucherzahlen - 400 000 pro Jahr - bestätigen den Erfolg des Konzepts des Tierparks: ein Ort, an dem man Natur und Tiere sehen, erleben und begreifen lernt. Und das nicht nur auf der Streichelwiese und in der »Zoo-Schule Grünfuchs«, sondern auch wenn es heißt: »Achtung, freilaufende Murmeltiere!«

Artikel vom 26.07.2005