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»König Fußball« regiert
seit 1966 jedes Großturnier

Werner Weih, der größte Fan der Nationalelf, wird 70

Von Matthias Meyer zur Heyde und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Kaiser Franz machte sich rar. Doch als »König Fußball« schließlich leibhaftig vor ihm stand, taute er auf und scherzte locker mit seinem Gast. »König Fußball«, der Beckenbauer 1986 bei der WM in Mexiko besuchte, heißt bürgerlich Werner Weih und feiert heute seinen 70. Geburtstag.

Kein Fußballturnier ohne Werner Weih, zumindest nicht seit 1966, als das deutsche Team den Engländern in Wembley mit 2:3 plus einem Nicht-Tor unterlag. Wenn aber alles - wie bisher - schiefgeht, dann wird ausgerechnet die WM 2006 im eigenen Land ohne das 70-jährige Energiebündel stattfinden. »Ich hätte so gerne elf Weltmeisterschaften in Folge besucht, und weil ich mir Südafrika 2010 auch noch zutraue, könnte ich sogar das Dutzend vollmachen«, klagt Werner Weih.
Das Dilemma: Die meisten Karten gehen an die WM-Sponsoren, und der schäbige Rest wird unter Millionen Interessenten verlost. Und obwohl Werner Weih in der Welt des runden Leders längst Kultstatus genießt, räumt man ihm keine Sonderkonditionen ein. DFB-Geschäftsführer Theo Zwanziger antwortete ihm: »Ihre sprichwörtliche Treue, die sich in ununterbrochener Begleitung unser Nationalmannschaft bei großen Turnieren seit 1966 ausdrückt, hat mich beeindruckt.« Trotzdem: keine Karte für Werner Weih.
Von einer Etage höher, von FIFA-Präsident Sepp Blatter, kam überhaupt keine Antwort auf die briefliche Anfrage des Verzweifelten. »Da hab ich mich in einer WDR-Sendung dahingehend geäußert, ich wünschte den Spielern, Trainer Klinsmann und allen Fans den Weltmeistertitel - nur nicht den Funktionären.«
Der gelernte Glasbläser Werner Weih stammt aus Empfertshausen in der östlichen Rhön, ging, als es noch ging, in die junge Bundesrepublik und lernte den Westen bei Auswärtsspielen von Wattenscheid, Bochum und Borussia Dortmund kennen. Seit 1962 wirkt er in Bielefeld, wo er als Portier in schmucker Livree im ehemaligen »Bielefelder Hof«, dem heutigen »Mövenpick«, zu einer Institution wurde. Von der englischen Königin bis zu Willy Brandt, von Peter Frankenfeld bis Ingrid Steeger, von Johannes Heesters bis Iwan Rebroff: Werner Weih hütet nicht nur Schnappschüsse und Autogramme vieler Prominenter, sondern könnte die Biographien der Stars um so manche verschwiegene Anekdote bereichern . . .
An seinem heutigen Ehrentag genießt der dreifache Vater und vierfache Opa ein leckeres Frühstück bei seiner Tochter Birgit. Die große Feier steigt erst am Samstag: »An alter Wirkungsstätte, im ÝMövenpickÜ, werde ich knapp 50 liebe Menschen aus dem Kreise der Freunde und Verwandten noch einmal Ýin UniformÜ empfangen«, sagt Werner Weih voller Vorfreude. Zwei streng geheime Überraschungen sind geplant, eine für das Geburtstagskind, eine für dessen Gäste . . .
Und etwas später gibt's noch ein »Bonbon« für alle Fans von »König Fußball« (so benannt nach seinem Markenzeichen, einer Kopfbedeckung aus einem zerschnittenen Ball und einer mit Goldfarbe überzogenen Krone, die er 1982 in Spanien aus einer Waschmitteltrommel schnitt): Sein Verleger wird das 1986er Buch »Mit Werner Weih dabei!« neu herausbringen - natürlich ergänzt um Geschichten von den Großturnieren, die der an der Seite seiner Lebensgefährtin Herta Pfeiffer glückliche Weltreisende seither besucht hat.

Artikel vom 25.07.2005