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Detmold bleibt »tragende Säule«

Regierungspräsidentin Marianne Thomann-Stahl stellt sich Mitarbeitern vor

Von Dietmar Kemper
Detmold (WB). Die neue Regierungspräsidentin Marianne Thomann-Stahl will den Standort Detmold nicht ab-, sondern »weiterentwickeln«. Die Annahme, sie werde daran arbeiten, sich selbst überflüssig zu machen, sei falsch, sagte die 51-jährige FDP-Politikerin am Freitag bei ihrer Einführung.

Die 696 Mitarbeiter lernten ihre neue Chefin in einer Personalversammlung kennen, in der Innenminister Ingo Wolf (FDP) seiner Parteifreundin die Ernennungsurkunde überreichte und den Vorgänger Andreas Wiebe (Grüne) verabschiedete. Thomann-Stahl versprach: »Detmold wird ein wichtiger Standort für Regierungshandeln in Nordrhein-Westfalen bleiben.« Im Innenministerium gelte Detmold als die Bezirksregierung, mit der man schon zu Zeiten von Walter Stich (CDU) die wenigsten Probleme gehabt habe. Als erstes will Thomann-Stahl alle Verwaltungsaufgaben auf den Prüfstand stellen und diejenigen abgeben, die Kreise und Kommunen selbst erledigen können.
Innenminister Wolf kündigte die Auflösung von Sonderbehörden etwa für Umwelt- und Arbeitsschutz oder für Agrarordnung an. Mit dem Modellprojekt Bürokratieabbau habe Ostwestfalen-Lippe bereits Vorarbeit geleistet. Thomann-Stahl werde die »Verwaltungsstrukturreform moderieren«, an dessen Ende aus fünf Bezirksregierungen drei Regionalverwaltungen für das Rheinland, Ruhrgebiet und Westfalen-Lippe entstehen sollen. Trotzdem müssten die Mitarbeiter in Detmold keine Angst haben und sollten »engagiert bürgernah weiterarbeiten«, sagte Wolf. Dass Andreas Wiebe in den einstweiligen Ruhestand versetzt werde, sei ein »ganz normaler demokratischer Prozess«.
Der Innenminister habe ihn am Mittwoch nachmittag angerufen und über die Abberufung informiert, sagte Wiebe dieser Zeitung in seinem bereits leergeräumten Büro. Er habe »tief Luft holen« müssen und werde künftig keine Verwaltungsarbeit mehr machen und kein politisches Amt anstreben. Seiner Nachfolgerin gab Wiebe mit auf den Weg: »Als ländliche Region hat OWL ein Wahrnehmungsproblem. Es wird irgendwo zwischen Dortmund und Hannover angesiedelt, und beim Wegfall der Bezirksregierung als institutioneller Klammer wächst die Gefahr, dass die Region noch weniger als eigenständig gesehen wird.«
Der Vorsitzende der OWL-CDU, Elmar Brok, bescheinigte Wiebe, »mit Einsatz und Verantwortungsgefühl« für die Region gearbeitet zu haben. Der ersten liberalen Regierungspräsidentin aus Minden bot er konstruktive Zusammenarbeit mit dem Ziel an, Gemeinden, Städte und Kreise zu stärken. Die Kommunen will Thomann-Stahl gleich zu Beginn ihrer Amtszeit bereisen. Nachdem sie 15 Jahre als Landtagsabgeordnete in Paderborn und Minden gearbeitet habe, kenne sie die Interessen und Wünsche der Region, sagte die Neue in Detmold. Sie wolle einen teamorientierten Führungsstil pflegen. Ob sie anders an die Aufgabe herangehe als ein Mann, wisse sie nicht: »Ich war noch nie Mann.«

Artikel vom 23.07.2005