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Wachsende Gemeinde
im Wir-Gefühl vereint

Abschlussdemonstration in Sachen Tanzfestival

Von Uta Jostwerner (Text)
und Bernhard Pierel (Fotos)
Bielefeld (WB). Vor dem Preis rinnt der Schweiß. Bächeweise müssen ihn die überwiegend weiblichen Tanzfestival-Teilnehmer vergossen haben. Wäre es anders möglich, binnen ein, zwei Wochen zur tänzerischen Höchstform aufzulaufen? Die Abschlussdemonstration in der nahezu ausverkauften Oetkerhalle wartete mit so mancher Überraschung auf.

Zum Beispiel mit einer bislang nicht dagewesenen Stimmung, ja: Tanzeuphorie, im Publikum. Nie zuvor hatten so viele Menschen die Ergebnisse der Workshops sehen wollen (der Andrang an der Abendkasse bescherte der Veranstaltung eine Verspätung von 20 Minuten), nie wurden die Akteure auf der Bühne so umjubelt wie in diesem Jahr. In Bielefeld scheint das Tanzfieber um sich zu greifen, seit Ulla und Tchekpo Dan Agbetou vor drei Jahren die künstlerische Leitung des Festivals übernahmen und seither die wachsende Gemeinde in einem starken Wir-Gefühl vereinen.
So ist schon den Jüngsten, den Sechs- bis Neunjährigen, die bei Ulla Agbetou in die Geheimnisse des Jazz-Dance eingeführt wurden, der jubelnde Applaus sicher. Niemand stört sich wirklich daran, wenn mal jemand aus dem Tritt gerät. Ohnehin geht es der Dozentin in ihren Kinderkursen vornehmlich darum, den natürlichen Bewegungsdrang kreativ zu nutzen und Spaß am Tanzen zu wecken.
Gute Voraussetzungen für den Tanz auf der Spitze. Die Klassen des klassischen Balletts präsentierten in drei Leistungsstufen, worauf es ankommt: Balance, Haltung, Spannung, Gestik und Bewegung im Raum.
Die sind ebenfalls unabdingbares Rüstzeug, um die körperbetonte Sprache des Modern Jazz zu beherrschen und damit Geschichten zu erzählen. Tchekpo Dan Agbetou ersann für seine Schülerinnen eine dynamische Choreografie, die vom erfolgreichen Versuch erzählt, als Außenseiter in eine Clique aufgenommen zu werden.
Glut und knisternde Leidenschaft, aber auch kämpferische Energie sind die Säulen des Flamenco. Bei Belén Cabanes findet der Unterricht zur Live-Begleitung des Flamenco-Gitarristen Andreas Germek statt, welche sich bei der Vorführung mit dem rhythmusbetonten Stampfen und Klatschen der stilecht herausgeputzten Tänzerinnen vermischte -Êsehr energiegeladen und spannungsreich.
Von Spanien ging die Reise über den Atlantik nach Brasilien, wo Sergio Saira aus einer der populärsten Sambaschulen Rio de Janeiros hervorgegangen ist. Zum vierten Mal gab er in Bielefeld sein Können an die Teilnehmer weiter. Weniger die Technik stand dabei im Vordergrund als die Freude und der Spaß an der Bewegung. Die bunte Hundertschaft nebst dem Herrn im Anzug schienen diesen Grundsatz verinnerlicht zu haben und lieferten mit ihrer druckvollen Einlage ein ansteckendes Beispiel lateinamerikanischer Lebensfreude.
Das Kontrastprogramm folgte auf den Fuße: HipHop lebt von Härte und einer extrem stilisierten Ausdruckssprache, die Dominique Lisette durch Werbekampagnen unter anderem dem Image von Lucky Strike und Levi's Jeans verpasst hat.
Ihren betörenden Abschluss fand die Demonstration beim Trommelfeuer des auf Interaktion setzenden Arsen de Souza, gefolgt von den erdverbundenen, urwüchsigen afrikanischen Tanzeinlagen, die Beatrice Kombe ihren Schützlingen auf den Leib choreografierte. Welche Vielfalt und Grandezza!

Artikel vom 25.07.2005