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Für Privatflieger wird
der Luftraum gesperrt

Berlin: Diskussion über Sicherheit nach Flugzeugabsturz

Berlin (Reuters). Der Absturz eines Kleinflugzeugs vor dem Reichstagsgebäude in Berlin hat die Diskussion über die Sicherheit am Regierungssitz und bei Großveranstaltungen neu entfacht. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) und sein bayerischer Kollege Günther Beckstein (CSU) forderten ein absolutes Flugverbot über Berlin.

Zudem verlangten sie Überflugverbote im Umfeld der Stadien bei der Fußball-WM 2006. Auch der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz forderte eine neue Sicherheitsanalyse für den Regierungssitz und die Sperrung des Luftraum über Berlin für Privatflieger. Wie Beckstein sprach sich der SPD-Politiker auch dafür aus, zur Erhöhung der Sicherheit Kampfhubschrauber einzusetzen.
Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe will als Konsequenz aus dem Absturz des Leichtflugzeugs Flüge von Hobbypiloten und Privatfliegern über der Berliner Innenstadt verbieten. »Wir werden über dem Regierungsviertel ein Flugbeschränkungsgebiet für Sichtflüge einrichten,« sagte er gestern nach Beratungen mit Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD).
Der Pilot hatte den Absturz nach Angaben Körtings vermutlich in Selbstmordabsicht herbeigeführt. Ein terroristischer Anschlag sei definitiv auszuschließen, sagte er. Der rote Doppeldecker vom Typ Kiebitz war am Freitag kurz vor 20.30 Uhr auf die Wiese zwischen Reichstag und Bundeskanzleramt gestürzt und völlig ausgebrannt. Der Pilot starb. Weitere Personen kamen nicht zu Schaden, obwohl noch viele Touristen vor dem Reichstagsgebäude für eine Besichtigung der Kuppel anstanden oder dort unterwegs waren.
Bei dem Piloten handelte es sich um einen 39-Jährigen aus dem Berliner Vorort Erkner. Als Motiv für den Selbstmord wird ein Verbrechen vermutet. Die 36-jährige Ehefrau des Todespiloten wird nach Polizeiangaben seit dem vergangenen Montag vermisst. Der Ehemann habe sich bei Vernehmungen in Widersprüche verwickelt.
Nach Angaben von Berlins Polizei-Vizepräsident Gerd Neubeck war er am Freitagnachmittag im brandenburgischen Strausberg gestartet, nachdem er seinem 14-jährigen Sohn persönliche Dokumente und die Autoschlüssel übergeben und Selbstmordabsichten geäußert habe.
Der Absturz lege eine unglaubliche Sicherheitslücke offen, erklärte Schönbohm. »Die fehlende Luftraumabsperrung zeugt angesichts der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus von einer unverständlichen Leichtfertigkeit der Verantwortlichen.« Schönbohm forderte zudem, auch den Luftraum über Köln während des katholischen Weltjugendtreffens, zu dem auch Papst Benedikt XVI. erwartet wird, zu sperren.
Seit 2003 gibt es ein neues Luftverkehrsicherheitsgesetz, das es der Luftwaffe erlaubt, entführte Flugzeuge abzuschießen, wenn das Leben weiterer Menschen bedroht ist. Derzeit prüft das Bundesverfassungsgericht, ob das Gesetz verfassungskonform ist.

Artikel vom 25.07.2005