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Ein besserer Tour-Tag:
T-Mobile wieder vorn

Ullrich holt gegen Rasmussen 37 Sekunden auf

Mende (dpa). Die Ansprüche bei T-Mobile schrumpfen: Gestern freute sich das Bonner Team bei der 92. Tour de France über die Rückeroberung der Spitze in der Mannschaftswertung und über den 37-Sekunden-Gewinn von Jan Ullrich gegen den drittplatzierten Mickael Rasmussen.

Den Sprung an die Spitze der Team-Wertung machte der gesundheitlich angeschlagene Matthias Kessler möglich. Der Nürnberger saß in einer zehnköpfigen Ausreißergruppe, aus der der Spanier Marcos Serrano die 18. Etappe über 189 Kilometer von Albi nach Mende im Alleingang gewann. Die ersten Drei der Tageswertung sind Ausschlag gebend für das Team-Ranking, das T-Mobile auch im Vorjahr gewann.
Der nach einem Sturz am Rücken verletzte Kessler wurde Achter. »Es ist sehr schön, dass wir die Führung in der Mannschafts-Wertung zurückerobert haben. Das ist eine kleine Entschädigung für das Team. Es ging heute nur darum, nicht welcher Platz am Ende für mich herausspringt«, meinte er.
Die Fahrt durch das Zentralmassiv über sehr anspruchsvolles Gelände überstand der Tour-Dominator Lance Armstrong, erwartungsgemäß ohne Federn zu lassen. Er gehörte mit einem Rückstand von 11:18 Minuten auf Serrano zu den Hauptakteuren einer Attacke auf der mit über zehn Prozent sehr giftigen Schlusssteigung. Nur der zweitplatzierte Ivan Basso aus Italien, Jan Ullrich und der Australier Cadel Evans, im Vorjahr beim T-Mobile-Team aussortiert, konnten folgen.
Das Quartett nahm Rasmussen und Levi Leipheimer (USA) vom Team Gerolsteiner 37 Sekunden ab. Davon profitierte vor allem der T-Mobile-Kapitän bei seinem Kampf um Rang drei in Paris. Ullrich liegt jetzt nur noch 2:12 Minuten hinter Rasmussen. »Wir hatten heute einen viel besseren Tag als gestern und haben in der Teamwertung über elf Minuten auf Discovery Channel gut gemacht, weil die vorne keinen dabei hatten«, sagte Ullrich, der sich auch freute, etwas an Rasmussen herangerückt zu sein: »Das macht es für Samstag ein bisschen weniger schwer.«
Nur noch ein Sturz oder eine Krankheit dürften den siebten Tour-Triumph von Lance Armstrong hintereinander gefährden. Zum hundertprozentigem Tour-Glück fehlt dem Texaner nur noch ein Etappensieg. Keinen seiner Tour-Erfolge seit 1999 feierte er ohne einen Teilerfolg. Beste Gelegenheit dafür bietet morgen das 55,5 Kilometer lange Zeitfahren in St. Etienne. Eine Gala-Vorstellung zum Abschied, gekrönt von einem Etappensieg wäre das ideale Szenario für Armstrong.
Aber auch Jan Ullrich würde ein Etappenerfolg in St. Etienne wenigstens eine kleine Genugtuung angesichts der vierten großen Tour-Niederlage gegen Armstrong bedeuten. Der T-Mobile-Kapitän hat den Parcours im Training bereits vor der Tour abgefahren.
Sein vor ihm platzierter Konkurrent im Kampf um einen Podiumsplatz in Paris ist angeschlagen. Rasmussen, Träger des Bergtrikots, hat seit zwei Tagen massive Probleme beim Sitzen. Gestern war er mit einer extra weich gepolsterten Rennhose ausgestattet worden. Nicht nur wegen dieser akuten Schwierigkeiten und seines Zeitverlusts gestern in seinem bevorzugten Terrain ist sein Teamchef Erik Breukink skeptisch für morgen: »Wenn Mickael in Paris unter den ersten Fünf ist, sind wir hoch zufrieden. Er ist ein zu schlechter Zeitfahrer, um gegen Ullrich in St. Etienne bestehen zu können.«

Artikel vom 22.07.2005