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Zur Eisdiele geht«s
mit »Herrn Schnittig«

Barbara und Andreas Mohme stehen auf alte Trecker

Von Michael Diekmann
und Bernhard Pierel (Fotos)
Altenhagen (WB). Barbara Mohme (43) hat seit März einen neuen Freund. Herr Schnittig, so heißt der 49-jährige Schwabe, bereitet Ehemann Andreas Mohme allerdings keine Probleme. Im Gegenteil. »Ich freue mich sehr, dass meine Frau und ich ein gemeinsames Hobby haben«, lacht Mohme: Wenn er auf seinen roten Porsche-Trecker steigt, nimmt seine Frau den grünen Holder. In lockerer Folge stellt das WESTFALEN-BLATT Bielefelder mit einem gemeinsamen Hobby vor: die Vorliebe für alte Trecker.

In und um Altenhagen kennt man das »knatternde Ehepaar« mit dem außergewöhnlichen Hobby. »Auf dem Motorrad bin ich ja noch früher oft genug mitgefahren. Aber in Sachen Trecker wollte ich lieber unabhängig sein«, gesteht Barbara Mohme, die zwar als selbstständige Fußpflegerin viel herum kommt im Bielefelder Osten, aber noch keinen Patientenbesuch mit dem Trecker gemacht hat. Dafür wird der kleine grüne Diesel, 1956 im schwäbischen Gunzbach als mobilisierendes Element der kleinbäuerlichen Landwirtschaft gebaut, gern auch für Besorgungsfahrten genutzt, wenn Mulch auf dem Anhänger geholt oder angefallener Gartenabfall weg gefahren werden muss.
Begonnen hatte die Leidenschaft für altes landwirtschaftliches Gerät zunächst bei Ehemann Andreas Mohme. Im Alltag Straßenbahnfahrer, hatte der Altenhagener lange nach einem Oldtimer gesucht. Als Hans-Dieter Heitland, Vorstandsmitglied des örtlichen Treckerclubs, dann mit dem Angebot jenes roten Porsche A111 vor der Tür stand, wurde bei Mohmes nicht lange überlegt. Mohme: »Ein Porsche-Cabriolet fährt wirklich nicht jeder. Und eines mit einem Zylinder und 12 PS schon garnicht.« Dabei besitzt er heute in leuchtendem Rot einen Oldtimer genau jener Spezies, die ähnlich begehrt ist wie Lanz, Deutz oder Fendt. Luftkühlung, kombiniert mit dem großen zentralen Lüfterrad, macht den Porsche auch in Treckerkreisen einzigartig.
Barbara Mohme (»Beim Porsche kam ich nicht an die Pedale«) schwört mehr auf Herrn Schnittig. Der hatte viele Jahre lang in Enger in einer Scheune geschlummert. »Im nächsten Winter werde ich für ein ansprechendes Erscheinungsbild sorgen«, schwört die zweifache Mutter, in der Scheune mit Schleifpapier und Farbe Hand anzulegen: »Technisch ist der Holder okay. Er ist mit 18 Stundenkilometern genauso schnell wie der Porsche. Da kann ich hinter meinem Mann im Windschatten fahren.«
Der grüne Holder B10, hat sich die Eigentümerin sachkundig gemacht, war mit seinem Einzylinder (504 Kubikzentimeter) und zehn PS der erste zweiachsige Trecker, den die Firma überhaupt gebaut hat. Mit schmaler Spur und kurzem Radstand war er nicht nur in Wald und Weinberg wendig. »In die Scheune passt er bei uns locker mit hinein«, freut sich Barbara Mohme, eine von zwei Frauen im Treckerclub, die selbst ein Fahrzeug besitzen. Und auch die Nachfolgeregelung ist bei Mohmes in Altenhagen längst geklärt. Mit Tochter Christina (20) und Sohn Jan (18) wird nicht nur beim Frühstück über Trecker diskutiert. Aber während der Sohn lieber von einem echten Porsche träumt, nutzt Schwester Christina für Fahrten zur Eisdiele bevorzugt Herrn Schnittig.

Artikel vom 30.07.2005