21.07.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Bitter-süße Geheimnisse

»Lovesong«: John Travolta als abgetakelter Literaturprofessor


Ewig ist es her, dass die 17-jährige Purslane Hominy Will (Scarlett Johansson) in ihrer Heimatstadt New Orleans weilte. Nun ist ihre Mutter verstorben, doch »Pursy« verpasst erst die Beerdigung, und dann stellt sie fest, dass der alte Familiensitz nurmehr eine Bruchbude ist. Darin hausen der abgetakelte Literaturprofessor Bobby Long (John Travolta) und sein Assistent Lawson Pines (Gabriel Macht), denen Mama zwei Drittel des Hauses vererbt hat. Widerwillig fügt sich Pursy in eine schräge WG mit den saufenden Hobby-Philosophen - und lüftet einige bitter-süße Geheimnisse ihrer Vergangenheit.
Fett, weißhaarig und extrem schlecht angezogen brilliert Travolta in dieser gefühlvollen Familiengeschichte. Shooting-Star Scarlett Johansson als patente Südstaaten-Blume wurde in diesem bemerkenswerten Regiedebüt von Shainee Gabel zu Recht für einen »Golden Globe« nominiert.
John Travolta hat etwas in seinem Gang, in seinem Blick, das an einen Löwen auf Beutezug erinnert. Die Augen hellwach hinter Lidern, die gleich zufallen könnten, der Körper locker und doch angespannt, sprungbereit. Seine Präsenz auf der Leinwand ist äußerst körperlich. Kaum kommt er ins Bild, füllt er es zur Gänze aus - kein Platz mehr für Konkurrenten. Ein Tier.
Er beansprucht den ganzen Raum für sich. So füllt er auch seine Rollen aus, immer bis zum Anschlag. Sei es als Ex-Ranger Tom Hardy in seinem jüngsten Action-Reißer »Basic«, sei es als vom »Saturday Night Fever« gepackter Disco-Tiger oder als philosophierender Killer in »Pulp Fiction«.
Die von Höhen und Tiefen geprägte Karriere Travoltas begann in den späten 70ern. Über seine Filme der 80ern breitet man am besten den Mantel des Schweigens - die Angebote zu »American Gigolo« und »Ein Offizier und Gentleman« jedenfalls überließ er Richard Gere. Doch er kam zurück und machte die 90er zu seiner Glanzzeit.

Artikel vom 21.07.2005